Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung äußert Zweifel an den Voraussetzungen für das Flussbad.
Berliner Morgenpost vom 26.04.2021 von Julian Würzer

Die Umsetzung des Flussbads vom Berliner Schloss bis zum Bode-Museum wird zumindest innerhalb der kommenden Jahre immer unrealistischer. Für das Projekt im historischen Zentrum Berlins , das seit 2014 mit mehreren Millionen Euro aus dem Bundesprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus“ gefördert wurde, fehlen Gutachten, Prüfungen und eine Machbarkeitsstudie, die Voraussetzungen für die offiziellen Planungen schaffen sollten. Das geht aus der Antwort der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen auf eine Anfrage der FDP-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus hervor, die der Berliner Morgenpost exklusiv vorliegt.

Seit mehr als 20 Jahren arbeiten die beiden Brüder Tim und Jan Edler an der Idee, zwischen der Friedrichsgracht eine Biotoplandschaft errichten zu lassen, durch die das Spreewasser gereinigt wird und anschließend in den 835 Meter langen Badeabschnitt bis zum Bode-Museum einfließt. Vor dem Berliner Schloss und der European School of Management sollen Freitreppen den Zugang zum Wasser gewähren. Seit 2012 treibt der gemeinnützige Verein Flussbad Berlin das Vorhaben voran.

Flussbad Berlin : Viele Fragen noch nicht abschließend geklärt
Doch wie es in dem Schreiben der Senatsverwaltung heißt, sei eine Vielzahl von Fragen rund um das Flussbad noch nicht abschließend geklärt. So gebe es bislang noch keine Grundlage dafür, den Spreekanal an dieser Stelle überhaupt als Badegewässer ausweisen zu können. Dafür benötige es einen Vorhabenträger, der sich der Planung des Projektes annehme – den gibt es aber bisher nicht. Der Vorhabenträger könne Untersuchungen zu hygienischen Risiken an der angedachten Stelle veranlassen, deren Ergebnisse die zuständige Behörde, das Landesamt für Gesundheit und Soziales, auswerten und über eine Ausweisung entscheiden könne.

Zudem äußert die Senatsverwaltung auch Zweifel an der Wirtschaftlichkeit des Dükers, das Betonbauwerk unter dem Biotop. Er soll auch Schmutzwasser der Spree zwischenspeichern und Überläufe nach Starkregen verhindern, um das Baden an vielen Tagen im Jahr im Flussbad zu ermöglichen. Doch bislang sei trotz jahrelanger Arbeit des Vereins Flussbad Berlin noch nicht geklärt, ob der Düker das überhaupt leisten könne. Hierfür sei eine Machbarkeitsstudie erforderlich, so die Senatsverwaltung.

Auch gebe es für die kalte Jahreszeit noch keinen Nachweis darüber, ob aufgebrochene Eisdecken durch den Spreekanal an der Museumsinsel geleitet werden können, ohne Schaden anzurichten. Hier sieht die Senatsverwaltung noch massiven Bedarf, um Risiken auszuschließen. Außerdem müsse wegen der veränderten Nutzung des Gewässers auch noch eine entsprechende Prüfung auf Umweltverträglichkeit erbracht werden. Das sei laut Senatsverwaltung sogar„unabdingbar“.

Eigentumsverhältnisse des Kupfergrabens sind ungeklärt
Unklarheiten gebe es weiterhin über die Zuständigkeiten. Bislang ist der Spreekanal als Wasserstraße des Bundes ausgewiesen. Um das Flussbad zum Fließen zu bringen, wie es in dem Beschluss des Berliner Senats hieß, müsse allerdings das Land Berlin die Zuständigkeit übernehmen. Erst wenn die Eigentumsverhältnisse des Kupfergrabens geklärt seien, könnten auch die Kosten für die Sanierung der Uferwände ermittelt werden.

Aufgrund der Vielzahl an Baustellen , die noch ausstehen, fordert der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Henner Schmidt, eine zentrale Koordination und einen Fahrplan für die Planungen des Flussbads . „Das Projekt kann nicht weitere Jahre vor sich hindümpeln, sondern braucht eine klare Entscheidung, ob überhaupt und in welchem Zeitrahmen es genehmigt und realisiert werden kann“, sagt er der Berliner Morgenpost.

Senatsverwaltung setzt Gebietsbeauftragte ein
Dafür hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen bereits eine sogenannte Gebietsbeauftragte eingesetzt. Sie soll einen Antrag für die Planung des Flussbads vorbereiten und sämtliche Planungsunterlagen und Fachgutachten erarbeiten.

Erst vor wenigen Wochen übten Mitglieder der Berliner Domkirche massive Kritik an dem Konzept Flussbad. Mit einem offenen Brief hatten sie sich für eine schleunige Einstellung des Projekts ausgesprochen. In dem Brief forderten die Unterstützer „die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen auf, dem Vorhaben ein Ende zu bereiten, indem ein Moratorium für das Gesamtprojekt erlassen und keine weiteren Steuergelder zur Förderung dieses nicht genehmigungs- und realisierungsfähigen Projektes verwendet werden“.

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