Bald geht es los – nach dem U-Bahn- Bau folgt eine Fahrbahnsanierung. Danach erhalten Radfahrer mehr Platz. Künftig ist der Boulevard für Autos tabu.
Berliner Zeitung vom 15.11.2021 von Frank Sorge

Noch gehört der größte Teil der Fahrbahn den Autos: die Straße Unter den Linden in Mitte.

Berlin Die Straße Unter den Linden in Mitte wird zur Großbaustelle. Die Vorbereitungen haben begonnen, allerdings haben die Autofahrer bislang nicht viel davon gemerkt. Doch das soll sich in wenigen Tagen ändern. Damit die Bauarbeiter ans Werk gehen können, ist geplant, den Verkehrsraum von der nächsten Woche an einzuschränken. Das teilte die BVG Projekt GmbH, die das Bauvorhaben in Mitte betreut, auf Anfrage mit. Die Fahrbahnen werden halbseitig gesperrt, hieß es. „Die Planung für die Verkehrsführung während der Bauzeit sieht je Richtung eine Fahrspur für den Bus- und Individualverkehr sowie eine Radfahrerspur vor“, sagte Sprecherin Annekatrin Rolef. Nach jetzigem Stand sollen die Verkehrseinschränkungen bereits vom kommenden Montag an gelten.

Wer auf dem Boulevard unterwegs ist, der spürt, dass die Fahrbahnen ziemlich verschlissen sind. Weil in den vergangenen Jahren in diesem Teil des östlichen Stadtzentrums die U-Bahn-Linie U5 verlängert wurde, wäre für die seit langem fällige Straßenreparatur jedoch kein Platz gewesen. Deshalb beginnt die Deckensanierung erst jetzt, knapp ein Jahr nach der Eröffnung der Tunnelstrecke. Bis zum kommenden Sommer wird Unter den Linden also wieder gebuddelt – was manche Berliner ärgert.

Auch Fußgänger sind betroffen

Die Arbeiten werden in mehrere Abschnitte gegliedert, erläuterte Annekatrin Rolef. „In der ersten Bauphase wird der Bereich der Straße Unter den Linden zwischen Wilhelmstraße und Universitätsstraße bearbeitet. Folgen wird der Bereich Schlossbrücke bis Spandauer Straße“, so die Sprecherin. „In der ersten Phase werden Teilbereiche der Asphaltdecke erneuert. Dies geschieht auf der Innenseite an der Mittelinsel angelehnt.“

Verkehr Unter den Linden wird zur Baustelle: In Mitte geht eine Ära zu Ende

Die Einschränkungen betreffen nicht nur Autos und Busse, die sich jeweils einen Fahrstreifen teilen müssen. Auch der querende Fußgängerverkehr muss sich neu orientieren. „Es kommt zu Verschiebungen der Querungen während der Bauzeit “, erläuterte Rolef. „Auf der Mittelinsel gibt es während des Baus der Knoten Schadow-, Glinka- und Charlottenstraße keinen durchgehenden Fußgängerverkehr.“ Immerhin: „Bäume sind nicht betroffen und müssen nicht gefällt werden.“

Nach den Bauarbeiten nur noch ein Fahrstreifen pro Richtung

Auch wenn die Fahrbahn saniert worden ist, bleibt der Raum für Autos eingeschränkt. Heute stehen dem fließenden Kraftfahrzeugverkehr neben einer 4,20 Meter breite Bus-, Taxi- und Fahrradspur zwei drei Meter breite Fahrstreifen pro Richtung zur Verfügung. Nach der Straßenerneuerung und der anschließenden Neumarkierung 2022 wird der Autobereich auf je eine 3,25 Meter breite Fahrbahn beschränkt. Stau erwartet der Senat nicht, mit bisher 19.000 Fahrzeugen pro Tag gilt die Straße als gering belastet.

Pläne des Senats Verkehr in Berlin: Straße Unter den Linden ist künftig für Autos tabu

Rechts vom verbleibenden Autofahrstreifen, in der Mitte der Fahrbahn, wird die BVG-Busspur markiert. Sie wird ebenfalls 3,25 Meter breit sein – wie auch der Radfahrstreifen daneben. Der verbleibende Raum bis zum Straßenrand soll als 2,50 Meter breiter Multifunktionsstreifen mehrere Funktionen bedienen: als Ladezone, Abstellplatz für Fahrräder, E-Scooter, Carsharing-Autos und für Fahrzeuge von Behinderten, als Haltestelle für BVG- und Stadtrundfahrtbusse.

Doch das ist erst die Phase eins. Zum Ende dieses Jahrzehnts soll die Straße Unter den Linden erneut umgestaltet werden – dann aber in deutlich größerem Umfang. Sobald die auf vier Jahre angesetzten übernächsten Bauarbeiten beginnen, soll die Straße für Autos tabu sein – von 2028 an, wenn kein Planfeststellungsverfahren erforderlich ist, auch schon früher. Eine Ausnahme wird nur für Anwohner gelten, die ihre Geschäfte und Wohnungen erreichen wollen. Der verbleibende einzige Fahrstreifen pro Richtung wird für Busse, Taxis, Liefer- und Ausflugsverkehr reserviert. Auch Müllfahrzeuge und Einsatzwagen, etwa der Polizei und der Feuerwehr, dürfen weiterhin fahren.

„Nicht mehr für den Durchgangsverkehr geeignet“

Unter den Linden ist seit der Schließung des Brandenburger Tors nicht mehr für den Durchgangsverkehr geeignet“, sagte Matthias Dittmer von der Landesarbeitsgemeinschaft Mobilität der Berliner Grünen. „Der Koalitionsvertrag von 2016 sah vor, diesen Boulevard vom privaten Autoverkehr zu befreien. Dies wurde aber nicht umgesetzt. In der neuen Legislatur sollte das nun mutig ausprobiert werden. Eine sechs- oder auch vierspurige Straße zwischen Humboldt-Forum und Berliner Dom gleicht einem Anachronismus, der dem Berlin -Tourismus zum Schaden gereicht.“

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