BZ vom 02.12.2021 von Hildburg Bruns

Mitte - In den Verkehrsnachrichten hat diese Großbaustelle seit Jahren ihren Stammplatz: Fahrbahn-Verlegungen, Umleitungen, Staus. Jetzt sieht man, wofür: Das alte Berlin wird von Architekten wachgeküsst!

Eine reizvolle Aufgabe. Aus dem Wettbewerb gingen trotzdem nur zehn Entwürfe hervor. "Eine Backpfeife für den Senat", findet Stadtforscher Benedikt Goebel (53). Er hält es für einen Kardinalfehler, dass die künftig vor dem Nikolaiviertel abknickende Hauptstraße immer noch 55 Meter breit ist.

"Es wurde nicht geschafft, den Verkehr mit täglich 60 000 Pkw zu zivilisieren. Und für den Molkenmarkt ist gar kein Platz da."

Die Baufelder werden seit geraumer Zeit frei gemacht, indem die Grunerstraße direkt ans Rote Rathaus verlegt wird (bis 2024) und Archäologen geräumte Straßen- und Parkplatzflächen nach Mittelalter-Spuren untersuchen.

Und was wird gebaut? Es gibt zwei Sieger-Entwürfe. Stadtforscher Goebel favorisiert den vom Büro Bernd Albers: "Er ist kleinteilig, hat Altstadt-Charakter." Die Blöcke erinnern an die historische Situation vor den Abriss-Attacken der Nazis und die Zerstörung durch Kriegsbomben.

Am Jüdenhof sollen sogar Gebäude mit Fassaden der historischen Vorgängerbauten entstehen. Und die 1950 abgerissene Französische Kirche (erbaut 1721/26) soll als Bodendenkmal in den Abmessungen des Kirchenschiffs zu erleben sein. Die Dachflächen werden extensiv begrünt, speichern Regenwasser.

Wer einzieht, wenn die Gebäude stehen? In den Erdgeschossen Gastronomie, Läden, Büros und eine Kita, Kultur. In den Obergeschossen ist Platz für Gewerbe und Wohnungen. Große Teile das neuen Stadtquartiers bauen die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften Degewo und WBM.

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