Mit Herrn Achim Bahr, Vorstand Stalinbauten e. V.
Thema Stalinallee: Die Geschichte des „Nationalen Aufbauprogramms der DDR“
Zeit: am Mittwoch, den 24.04.2024 um 18.00 Uhr
Ort: Brüderstraße 13, 10178 Berlin-Mitte
"Die ehemalige Stalinallee - einzigartig, aber auch Zukunftsmodell? - Bericht von Wolfram Giese zum Siebten Historischen Salon
Rückblick von Wolfram Giese
Zumindest in einem Punkt könnten heutige Bauplaner sich ein Vorbild an den Baumeistern der ehemaligen Stalinallee nehmen: Denn die Stalinallee wurde in Rekordzeit im Rahmen des "Nationalen Aufbauwerks Berlin" zwischen 1952 und 1957 nach den "16 Grundsätzen des Städtebaus" der frühen DDR als sozialistischer Boulevard geplant und errichtet. Gebaut wurde von sechs Architektenkollektiven unterschiedlichster beruflicher Werdegänge, baukünstlerischer Überzeugungen und politischer Lebenswege. Bereits 1951 fertig wurde in sagenhaften 5 Monaten Bauzeit die 1969 wieder abgerissene Deutsche Sporthalle von Richard Paulick.
Den spannenden Prozess der Planung und Umsetzung der Errichtung des Quartiers zwischen Stausberger Platz und Frankfurter Tor und das Zusammenwirken, aber auch den Konkurrenzkampf zwischen Architekten wie Richard Paulick, Hans Hopp und Hermann Henselmann schilderte Achim Bahr, Vorsitzender des Vereins Stalinbauten e.V. , in seinem spannenden und umfangreichen Vortrag beim Siebten Historischen Salon der GHB.
Die im Westen seinerzeit als "Arbeiterwohnpaläste im Zuckerbäckerstil" bezeichneten Neubauten hatten nicht nur einen für damalige Verhältnisse unvergleichlichen technischen Standard. Die Architektur mit ihren Formen und ihrem Materialeinsatz war weitaus vielfältiger als die Bezeichnung vermuten lässt. Die Stalinallee war nach ihrer Fertigstellung auch die letzte Verwirklichung eines großangelegten stadtplanerischen Gesamtkonzepts in Deutschland und in Europa. Die neoklassizistische Architektur mit proletarischer und deutscher Ikonografie wurde Jahrzehnte später ab den 80er Jahren – im Westen – unter dem Begriff der Postmoderne wieder aufgegriffen.
Nicht unter den Tisch fallen sollte bei alledem, dass die Errichtung der Stalinallee unter den Bedingungen einer Diktatur erfolgte. Insbesondere die Ereignisse des niedergeschlagenen Volksaufstands vom 17. Juni 1953 bleiben unvergessen.
Und wie sind die städtebaulichen Zukunftsperspektiven der Magistrale? Die Entwicklungen anderer Stadtquartiere machen auch vor der Karl-Marx-Allee nicht halt. Zunehmende Leerstände und hohe Mieten sorgen vor allem für Probleme. Eine verbesserte Anbindung an Alexanderplatz und historische Mitte durch Verdichtung, wohnumfeldverbessernde Maßnahmen und Begrünung des Boulevards westlich des Strausberger Platzes ist sehr umstritten."