Altes Museum und LustgartenMit dem Berliner Landeskonservator Dr. Christoph Rauhut

am 26.03.2025 im Nikolaihaus

10-11 % des Baubestandes in Berlin steht unter Denkmalschutz. 8000 Listungen weist die Denkmalliste für Berlin auf, verteilt auf Garten-, Bau- und Bodendenkmale.

Mit diesen Zahlen wusste Dr. Christoph Rauhut, Landeskonservator von Berlin, zu Beginn seines Vortrags beim 11. Historischen Salon der Gesellschaft Historisches Berlin im Nicolaihaus, auch Sitz der Stiftung Denkmalschutz, aufzuwarten.

250326 historischer salonIm Mittelpunkt standen aber vor allem die aktuellen Vorhaben der Berliner Denkmalschützer. Da sind die Grabungen nach den mittelalterlichen Spuren Berlins, insbesondere in den Bereichen Breite Straße, Rotes Rathaus und Molkenmarkt, die über archäologische Fenster sichtbar werden sollen. Dabei bemüht sich das Landesdenkmalamt vor allem auch um die Sichtbarmachung der Grundmauern des mittelalterlichen Rathauses und des Hauses Hoher Steinweg 15, einst ältestes Bürgerhaus Berlins. Im Sommer 2025 soll zudem am Petriplatz das Archäologische Haus, gebaut über den Mauern der früheren Lateinschule, eröffnen und die Arbeit der Archäologen anschaulich vermitteln. Wenn es nach Dr. Rauhut geht, auch gerne in der Nähe einer BVG-Haltestelle "Fischerinsel/Petriplatz", um auf den Gründungsort von Cölln mehr aufmerksam zu machen.

Auch der Ort des früheren Gymnasiums zum Grauen Kloster ist dem Landeskonservator wichtig. Hier kann er sich durchaus eine Integration der denkmalgeschützten Substanz der Ruine der Klosterkirche in einen Schulneubau am historischen Standort vorstellen.

Weiterhin im Fokus der Denkmalschützer stehen die in den 80er Jahren entstandenen Wohnsiedlungen der späten DDR, z.B. am Thälmannpark oder Torstraße (oder auch Wilhelmstraße Anmerkung der Redaktion).
Doch ist die "Edelplatte" mit Reminiszenzen an historische Strukturen wirklich denkmalschutzwürdig? Hier gehen die Meinungen in der öffentlichen Diskussion auseinander. Das vor einiger Zeit unter Denkmalschutz gestellte Nikolaiviertel stößt hier noch am ehesten auf Verständnis.

Was ist denkmalschutzwürdig? Und welche Einflussmöglichkeiten hat das Landesdenkmalamt? Diese Frage stand im Mittelpunkt der sich an den Vortrag anschließenden Diskussion.

Wiederholt betonte Dr. Rauhut: Das Landesdenkmalamt kann zwar Denkmäler unter Schutz stellen, aber es macht keine Stadtentwicklung.  Zum geplanten wuchtigen - und mit dem früheren Lindenstatut kaum zu vereinbarenden - Neubau an der Komischen Oper oder der Umgestaltung des Gendarmenmarktes wurden die Denkmalschützer nicht oder zu spät gefragt.

Teilweise sind ihnen schlichtweg die Hände gebunden. Ein prägnantes Beispiel: Das immer mehr verfallende ehemalige Kinderkrankenhaus Weissensee - nicht der einzige "Lost Place" in Berlin, wie die GHB recherchiert hat. Das ehemalige Krankenhaus gehört mittlerweile der Berliner Senatsverwaltung für Finanzen. Und die lässt sich von einer nachgeordneten Behörde wie dem Landesdenkmalamt ungern in ihre Angelegenheiten reinreden. Auch der Einfluss auf die Bezirke (obwohl als untere Denkmalschutzschutzbehörde dem Landesdenkmalamt untergeordnet) ist vergleichsweise gering. Die Bezirke lassen sich nur durch finanzielle Mittel zum Erhalt schützenswerter Bausubstanz bewegen. Und am Geld mangelt es an allen Ecken und Enden.

Der Denkmalschutz also ein zahnloser Papiertiger?
Zu diesem Urteil kamen doch so einige der Veranstaltungsteilnehmer. Aber auch zum Schluss, dass man mit dem Landeskonservator im konstruktiven Austausch bleiben und das Eintreten der GHB für mehr Sichtbarmachung der Vorkriegsgeschichte Berlins dort weiter deutlich machen will.

Berlin, den 04. April 2025
W. Giese