(ehemals Kurfürstenbrücke)

Von Gerhard Hoya - Mai 2009

Geschichte
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Ende des 17. Jh. wurde auf Veranlassung des Kurfürsten Friedrich III. die stark reparaturbedürftige hölzerne „Lange Brücke" abgebrochen und durch einen steinernen Neubau ersetzt. Der beauftrage Architekt Johann Arnold Nering schuf einen Brückenbau, der sich mit seiner Bauweise an die vorhandenen Gebäude Alter Marstall und Schloss anpasste. Die Brücke bestand aus fünf Gewölben und nahm das Reiterstandbild des Großen Kurfürsten auf. Das von Andreas Schlüter geschaffene Reiterstandbild wurde so aufgestellt, dass der Reiter mit einer leichten Linksdrehung seines Kopfes sich dem gegenüberliegenden Schloss zuwandte.

Nach 200 Jahren intensiver Nutzung wurde die Lange Brücke im Jahre 1895 abgebrochen und durch einen dreibögigen Neubau ersetzt. Der Brückenneubau war erforderlich geworden, da der Straßenverkehr und der Schiffsverkehr sehr stark zugenommen hatten. Der Neubau war so konstruiert worden, dass das Reiterstandbild fast an der gleichen Stelle wie zuvor aufgestellt werden konnte. Am 9. Mai 1896 wurde die Brücke anlässlich Ihrer Einweihung auf den neuen Namen Kurfürstenbrücke umbenannt.

Kurfürstenbrücke

Am Ende des zweiten Weltkrieges erlitt die Kurfürstenbrücke schwerste Beschädigungen. Das Denkmal war rechtzeitig ausgelagert worden und steht heute im Ehrenhof des wiederaufgebauten Charlottenburger Schlosses. Wegen der Baufälligkeit der teilzerstörten Gewölbeteile wurden diese in den Nachkriegsjahren abgebrochen. Provisorische Stahlträgerkonstruktionen mit aufgelegter Stahlbetonfahrbahn wurden vom Berliner Magistrat in den 50er Jahren errichtet. Diese Provisorien wurden im Jahre 1976 durch eine bessere Stahlkonstruktion ersetzt.

Neubauplanungen

Nach der Wiedervereinigung plante der Berliner Senat einen Neubau der Brücke, die nun den Namen Rathausbrücke trug. Mit dem Wasserstraßenprojekt „Deutsche Einheit Nr.17" wurde der Berliner Bauverwaltung aufgegeben, bei Neubauplanungen nur noch pfeilerlose Brücken mit einer Durchfahrtsbreite und Höhe für Europa - Schubschiffe geeignet, zu planen und zu bauen. Im Jahre 1999 schrieb die Senatsbauverwaltung einen Gestaltungswettbewerb für den Neubau der Rathausbrücke aus. Der Entwurf des Architekten Walter A. Noebel erhielt den Zuschlag.

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Die Planungen sehen eine moderne Stahlbetonkonstruktion ohne Flusstal und ohne Flusspfeiler und seitliches Denkmalpodest vor. Da 1999 der Wiederaufbau des Berliner Schlosses noch nicht beschlossen war, steht der Entwurf des Architekten Noebel im Kontext zum Palast der Republik, nicht aber zum Schlossneubau. Obwohl der Deutsche Bundestag im Jahre 2002 den Wiederaufbau des Berliner Schlosses bestätigte, entschied sich erneut der Berliner Senat im Jahre 2008 für die Umsetzung des Entwurfes des Architekten Walter Noebel und erteilte trotz heftiger Bürgerproteste zu Jahresbeginn 2009 den Bauauftrag.

Forderung der GHB
Die nunmehr vorgesehene Gestalt des Neubaus harmoniert nicht mit der barocken Fassade des Schlosses. Die GHB fordert daher einen sofortigen Baustopp. Die Brücke ist neu zu planen. Die neue Brücke sollte als Zweibogenbrücke mit einem Mittelpfeiler konzipiert werden. Dies ermöglicht für die heutige Schifffahrt die entsprechenden Durchfahrtsbreiten und -höhen. Der Mittelpfeiler ermöglicht die Rückführung des Reiterstandbildes.

Die GHB fordert nicht nur im Umfeld der wiedererrichteten Schlossfassaden bei der Errichtung von Hochbauten die Gestaltungsverordnung einzuhalten, sondern Brückenbauwerke und andere Ingenieurbauwerke so zu gestalten, dass sie sich harmonisch in das Stadtbild der historischen Mitte einfügen.

Kritische Anmerkung
Juli 2015

Im Jahr 2012 wurde die Brücke dem Verkehr übergeben. Ein banales Betonband ziert nun das Umfeld des Schlosses. Die Abkehr vom historischen Vorbild sowie das Fehlen des Reiterstandbilds des Großen Kurfürsten schmerzt schon bevor die Barockfassade des Schlosses errichtet ist.

Im Jahr 2013 stellte sich heraus, dass die Brückenleuchten, die eine Art Retrolook der Amsterdamer Schule der 1920er Jahre darstellen, ihren Zweck nicht ausreichend erfüllen. Sie sind schummrig und ihr Licht fällt irgendwohin hin, nicht aber auf den Bürgersteig.

Die veränderten Geländer nehmen das Motiv des Waldes auf.