Siehe auch: Planungsgruppe Stadtkern im Büergerforum Berlin e.V.
Argumente für die Mitte - Argumente der Planungsgruppe Stadtkern für die Zukunft der Berliner Mitte [PDF]
Vorschläge der GHB für eine gute Bürgerbeteiligung bei Bauprojekten
13.07.2012 von Gerhad Hoya
1 Einleitung
Dieser Entwurf enthält einen Katalog pragmatischer, kurzfristig umsetzbarer Vorschläge für eine gute Bürgerbeteiligung bei Bauprojekten.
Wie aktuelle Projekte wie Stuttgart 21verdeutlichen, fordern viele Bürger mehr Beteiligung bei der Planung.
Ziel sollte es sein, die Bürger kontinuierlich und vor allem früh genug zu beteiligen, um noch Einfluss auf die Planung nehmen zu können.
Die zuständigen Behörden sind daher zu verpflichten, beim Vorhabenträger auf eine Öffentlichkeitsbeteiligung bereits vor Eröffnung des eigentlichen Planfeststellungsverfahrens hinzuwirken. Dies soll helfen, Konflikte bereits im Frühstadium auszuräumen und so verhärtete Fronten zu vermeiden.
Der vorliegende Entwurf basiert darauf, dass mehr Transparenz bei der Planung und eine bessere Bürgerbeteiligung möglich sind, ohne weitere gesetzliche Änderungen vorzunehmen.
Der Entwurf stellt einen Werkzeugkasten mit konkreten Anregungen zur Verfügung, aus dem die im Einzelfall sinnvoll erscheinenden Maßnahmen ausgewählt werden können. Der Schwerpunkt liegt auf konkreten Instrumenten und Methoden einer guten Bürgerbeteiligung.
Dabei geht es z. B. um die Analyse der zu beteiligenden Akteure, den bürgerfreundlichen Einsatz der Medien und des Internets, zusätzliche Informationsveranstaltungen und Bürgersprechstunden sowie ggf. den Einsatz von runden Tischen, Dialogforen u. ä. Der Entwurf stellt dar, wann und wie diese Instrumente effektiv eingesetzt und den Wünschen der Bürger entsprechend ausgestaltet werden können.
Ihr Einsatz bietet die Chance, Verfahren im Ergebnis schneller durchzuführen und spätere zusätzliche Kosten zu vermeiden.
- die Darstellung von grundlegenden Faktoren einer erfolgreichen, als fair empfundenen Bürgerbeteiligung (Ziele, Funktionen, Akteure, Ebenen und Erfolgsfaktoren (Kap. 2))
- Vorschläge für eine erweiterte Bürgerbeteiligung auf allen Verfahrensebenen (Kap. 4)
- Vorbereitende Maßnahmen für den Beteiligungsprozess (Kap. 5)
Der Entwurf soll einen Diskussionsprozess anstoßen, an dessen Ende die Vorschläge und Empfehlungen zu einer endgültigen Fassung weiterentwickelt werden können.
2 Ausblick
Es ist zu prüfen, ob und in welcher Form Beteiligungsformen (Information und/oder Konsultation) angewendet werden können. Beim Einsatz der verfügbaren Instrumente der Beteiligung sind einerseits den Interessen der verschiedenen Gruppen (Ressorts, Fachöffentlichkeit, Bürger, Parlament) Rechnung zu tragen, andererseits aber die zeitlichen und fachlichen Restriktionen zu berücksichtigen.
Der Beteiligungsprozess ist vor allem auf hohe Transparenz durch umfassende Informationsbereitstellung ausgerichtet. Mittels weitreichenden Informationsangeboten sollen im Hinblick auf die Akzeptanzverbesserung den Bürgern frühzeitig Einblick in Aufgabe, Zielsetzung, Methodik und Verfahrensweisen der Planung gewährt werden. Dies wird über Informationsveranstaltungen, die Veröffentlichung von Fachartikeln oder den Einsatz der Internetseite des Senats/Berzirks geschehen.
3 Ablauf der Planung
Als Vorarbeit ist zunächst eine aktualisierte Prognose für die Bedarfsermittlung zu erstellen. Hierzu werden die sozio- und demografische oder die städtebaulich Entwicklung betrachtet, mit deren Hilfe sich ergebende Aus-/Neubauerfordernisse erkennbar werden. Nutzen und Kosten eines Projekts sind zu schätzten. Hierzu sind mehrere Forschungsvorhaben durch externe Gutachter in Bearbeitung zu geben. Nach Abschluss der Konzept- und Prognosephase folgt die eigentliche Bewertungsphase mit der Projektanmeldung (z. B. durch .......................................) sowie die projektbezogene Bewertungsrechnung (inkl. Nutzen-Kosten-Analysen und Umweltbewertungen).
4 Beteiligungsmöglichkeiten
Eine breite Akzeptanz durch ein transparentes Verfahren bei der Aufstellung des Planes ist von hohem Interesse. Anders als bei den erprobten Beteiligungsverfahren auf Projektebene (z. B. im Planfeststellungsverfahren) ist eine umfassende Bürgerbeteiligung in dieser Form in Berlin noch nicht umgesetzt worden.
Es sollten die Möglichkeiten zur Beteiligung weder regional noch gruppenspezifisch eingeschränkt werden. Im Hinblick auf Komplexität und Größe des Verfahrens sowie auf die Vielzahl von potentiell zu Beteiligenden wird es kaum möglich sein, in allen Strategien, Methoden und Projekten umfassenden Konsens zu erzielen.
Ziel sollte es daher sein, alle Ideen und Sichtweisen mit Hilfe von zweckmäßigen Verfahren der Beteiligung in den Erarbeitungsprozess einzubringen, fundiert abzuwägen und einer Lösung zuzuführen.
Es gilt, auf der Ebene der gesamtheitlichen Betrachtung die Bürger für den Planungsprozess zu interessieren und für eine aktive Beteiligung zu gewinnen.
Es sind geeignete Formen der Bürgerbeteiligung zu entwickeln, um förmliche Verwaltungsverfahren von der Diskussion über das ,Ob' eines Vorhabens zu entlasten.
5 Vorbereitende Maßnahmen für den Beteiligungsprozess
Gute Bürgerbeteiligung braucht, wie das Vorhaben selbst, eine gute Vorbereitung. Hierzu gehören unabhängig von der Art der Beteiligung (Information, Konsultation, Kooperation):
- die gründliche Analyse der möglichen involvierten Akteure (Kap. 5.1),
- die Definition der Rahmenbedingungen und der Zielsetzung der Beteiligung (Kap. 5.2),
- die Strukturierung des Beteiligungsprozesses (Kap. 5.3 und 5.4),
- die Integration der Beteiligung in die Gesamtplanung (Kap. 5.5).
5.1 Akteursanalyse
Damit alle relevanten Personengruppen mit ihren Perspektiven, Erfahrungen und Meinungen im Rahmen des Beteiligungsprozesses berücksichtigt werden und Gehör finden können, ist es wichtig, dass sich der Vorhabenträger einen Überblick über die Situation vor Ort verschafft - denn nur wenn man sich kennt und versteht, kann man gut zusammenarbeiten. Auch diejenigen, die nicht offensichtlich involviert sind, aber ebenfalls betroffen sein könnten, sollten die Gelegenheit erhalten, sich in den Prozess einzubringen. Das gilt sowohl für negativ als auch für positiv Betroffene. Dadurch kann die Qualität des Prozesses und des Ergebnisses verbessert werden.
5.2 Klärung der Rahmenbedingungen
Diese Phase ist auch für die potenziell Beteiligten relevant. Je genauer die zuständige Behörde bzw. der Vorhabenträger, die bzw. der den Beteiligungsprozess organisiert, sich selbst über die Rahmenbedingungen Gedanken gemacht und intern verständigt hat, desto mehr können alle Involvierten schließlich davon profitieren. Es ist wichtig, dass von Anfang an kommuniziert werden kann, welches Ausmaß an Beteiligung gewährt wird, welche Entscheidungsspielräume es gibt, wo die Grenzen sind und mit welchem Aufwand für die Beteiligten zu rechnen ist. Hierfür ist es gut, wenn sich der Vorhabenträger ein Bild von den Gegebenheiten vor Ort macht und auf lokale Expertise zurückgreift.
5.3 Planung der Beteiligung
Der Beteiligungsprozess sollte frühzeitig und umfassend geplant werden, damit von Anfang an die jeweils relevanten Personengruppen bei der Planung von Vorhaben berücksichtigt werden. Dabei kann es in den verschiedenen Phasen sinnvoll sein, einen unterschiedlichen Kreis von Personen zu verschiedenen Inhalten einzubeziehen. Wichtig für die Beteiligten hierbei ist, dass sie sich in der Lage sehen, sich in den Prozess einzubringen und sich für ihre Belange einzusetzen. Hier kann es sinnvoll sein, wenn der Beteiligende unterstützend wirkt.
a. Zielsetzung
Um die Beteiligung von der Vorbereitungsphase des Vorhabenträgers zum Raumordnungs- bzw. Planfeststellungsverfahren übersichtlich und bis zum Ende hin konsequent zu planen, müssen die auf den unterschiedlichen Ebenen im einzelnen zu beteiligenden Personengruppen identifiziert, der jeweilige Grad der Einflussnahme berücksichtigt und ggf. Maßnahmen geplant werden, die die Bürger stärker zur Beteiligung befähigen. Hierbei ist auch die Frage der Legitimation einzelner Personen oder Personengruppen zur Vertretung bestimmter Interessen zu definieren.
Stolpersteine
Der richtige Grad der Verengung der Fragestellungen von der breiten Beteiligung am Anfang (z. B. nach neuen Ideen fragen) bis hin zu entscheidungserheblichen Fragestellungen bzw. der Eingrenzung auf klar definierte rechtliche Vorgaben bei der Äußerung von Einwänden muss allen klar vor Augen sein.
Eine Öffnung der Beteiligung zum Ende hin führt eher zu zeitlichen Verzögerungen und dient nicht der Optimierung des Vorhabens oder einer besseren Beteiligung.
5.4 Beteiligungs- und Projektmanagement
Dieser vorbereitende Schritt bringt, wenn er entsprechend kommuniziert wird, allen involvierten Personengruppen mehr Klarheit und Verbindlichkeit in Bezug auf den Beteiligungsprozess. So erhöht er die Chance auf eine zufriedenstellende Zusammenarbeit. Die Verantwortlichen klären dabei Fragen wie: Wer übernimmt die Organisation der Beteiligung?
- Wer ist für welche Schritte verantwortlich?
- Wie ist die Arbeitsteilung untereinander?
- Wie ist der Zeitplan des Projekts und der Beteiligung konzipiert?
a. Zielsetzung
Beteiligung, die von den Bürgern als solche ernst genommen werden soll, kann nicht ,nebenbei passieren' oder sporadisch eingesetzt werden. Vielmehr bedarf sie einer professionellen Organisation.
5.5 Erstellung einer Prozessarchltektur
Eine gut geplante Struktur des Beteiligungsprozesses bringt Klarheit in das Verfahren und in die Kommunikation. Dadurch können die benötigten Informationen allen involvierten Personen dann vermittelt werden, wenn sie für den Prozess relevant werden: Wer wird zu weichem Zeitpunkt, an welcher Entscheidung, in welcher Form und in welchem Rahmen beteiligt? In welchen Konstellationen soll der Austausch zu verschiedenen Themen am besten stattfinden?
a. Zielsetzung
Die Prozessarchitektur bildet den großen, übergeordneten Rahmen des Beteiligungsprozesses ab, innerhalb dessen einzelne Aktivitäten mit unterschiedlichen Instrumenten geplant und durchgeführt werden können. Deshalb sollte die Prozessarchitektur gleich in der Vorbereitungsphase des Raumordnungs- oder Planfeststellungsverfahrens erstellt werden.