Leserbrief von Manfred Hetmanek, München, 26.09.2024
Zum Artikel: „ Flussbad -Projekt könnte baden gehen“ von Ida Luise Krenzlin in der Berliner Zeitung vom 12. September
Vor 99 Jahren, als das letzte Flussbad schloss, war die hygienische Situation um vieles schlechter als heute, was nicht nur auf das Verhalten der Bürger der Stadt (Fäkalieneinleitungen), sondern viel mehr noch auf die sich rasant entwickelnde Industrie entlang des Flusses zurückzuführen war. Das ist – wie auch immer man das bewerten mag (v.a. den Rückgang der produzierenden Industrie) – ein großer Fortschritt auf dem Weg zu einer ökologisch gesünderen Umwelt. Letzteres ist auch und immer wieder ein Ziel diverser Parteiprogramme. Vor allem unter R2G wurden dahinführende Projekte unterstützt und forciert.
Das Flussbad -Projekt wurde mehrfach im Abgeordnetenhaus von Berlin diskutiert und entsprechende Beschlüsse zur Umsetzung wurden fast einstimmig gefasst. Die Pokalschwimmwettbewerbe (zuletzt 2018) waren große Erfolge für alle Beteiligten. Auch medial wurden sie gefeiert. Das blieb nicht ohne Widerstand der Konservativen. Warum, so frage ich mich, verwenden Menschen so viel negative Energie darauf, ein Projekt zu torpedieren, welches nicht nur weltweit von Soziologen, Stadtentwicklern, Architekten gefeiert und prämiert wurde, sondern definitiv positive Einflüsse auf die Lebensqualität vieler Bewohnerinnen der Stadt und ihrer Gäste haben würde?
Sie erwähnen Herrn Gaeblers Antwort zum Umsetzungszeitraum. Ein weiterer Beleg für das generell unambitionierte und ineffiziente Arbeiten des aktuellen Senats. Allein die vorläufige Beendigung der Arbeiten am Humboldt-Forum (Freitreppe) lässt einen nur den Kopf schütteln bezüglich der Berliner Politik und Verwaltung. Diese Baustellenruine mitten in der Stadt scheint aber auch niemandem peinlich zu sein. Der Senat schert sich nicht um die Bedürfnisse breiter Teile der Bevölkerung (eher der schwächeren), die kommerziellen Interessen weniger große, zumindest größere Aufmerksamkeit einräumen. Menschen, die abseits des Kommerzes die Möglichkeiten der Stadt(-natur) nutzen wollen, werden ausgebremst beziehungsweise sollen demotiviert werden in ihrem Bemühen, zum Beispiel den von der Schifffahrt nicht mehr genutzten Spreekanal ohne PS nutzen zu können. Warum? Das erklärt sich mir nicht.
Vielen anderen geht es ebenso, daher schwimmen seit Wochen Dutzende mit großem Vergnügen dienstags im Kanal und nutzen die vom Flussbad e.V. geschaffene Transparenz zur Wasserqualität. Unser Greta-Moment – wir setzen einfach auf „zivilen Ungehorsam“. Was müsste(n)/könnte(n) die Verwaltung(en) tun? Einen Metallbauer beauftragen, der ein Zaunfeld der Uferbegrenzung durch eine Tür ersetzt und die vorhandene gegen eine nutzerfreundlichere Treppe tauscht, die es erlaubt, einen kleinen Steg zu installieren. Kosten dafür würden durch Crowdfunding (vielleicht sogar durch den Erlös der Auktion) getragen werden.
Die Reinigung der Umgebung würde sicher von Vereinsmitgliedern ehrenamtlich gestemmt werden. Aber ach; Badende, die kein Eintrittsgeld entrichten, sind dem Senat ein Dorn im Auge – so scheint es. Die Berliner Badegewässerverordnung müsste justiert werden. Das ist ein Verwaltungsakt! Der nicht durchgängig schiffbare Kanal müsste aus der Zuständigkeit des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes gelöst werden.
Frau Bonde, Herr Gaebler und ihre Mitarbeiter:innen sind herzlich eingeladen zum Schwimmen oder zu den Schwimmern für einen Austausch. Sie sollten die Beschlüsse des Abgeordnetenhauses achten, umsetzen und sich wieder mehr der Bürgerinteressen annehmen. Dann klappt’s vielleicht auch wieder mit den Wahlen.
Jens Piet Lindenberg