Stellungnahme zum Thema

Stiftung Preußischer Kulturbesitz baut auf der Welterbestätte Museumsinsel seit Jahren
ohne Wissen der UNESCO-Zentrale in Paris

anlässlich der Pressekonferenz am 25. November 2008, 11.00 Uhr

Siehe auch: Bericht und Dokumentation über festgestellte und drohende Gefahren für die Welterbestätte Nr. 896 (Museumsinsel Berlin) [PDF-Dokument, 3500 kb]

Vorbemerkung:

Die vom Institut für Denkmalpflege erarbeitete und vom Ministerrat der DDR 1986 beschlossene Konzeption für den originalgetreuen Wiederaufbau des Neuen Museums (und der .Sanierung der übrigen Museumsgebäude), wurde von der ab 1991 federführenden Stiftung Preußischer Kulturbesitz mitsamt den zu 90% fertig gestellten erforderlichen Planungsarbeiten entsorgt (Container). Die seit 1986 eingespielte Planungs- und Bauausführungsstruktur wurde gnadenlos „abgewickelt".

Der von der DDR ausgesprochene Denkmalschutz für das Neue Museum galt selbstverständlich wie beschrieben dem Museum in seiner originalen, historischen Form.

Heimlich still und leise wurde dieser Denkmalschutz ab 1991 aufgehoben und die Denkmalqualität nur noch der Ruine zugebilligt.

Es folgen 1993 ein Architekten-Wettbewerbsverfahren und 1997 ein Gutachterverfahren. 1997 erhält dann das Architekturbüro Chipperfield den Planungsauftrag für das Neue Museum. Ein Jahr später wird 1998 eine Architektengruppe unter der Federführung des Büro Chipperfield mit der Erstellung eines Masterplans für die Museumsinsel beauftragt.

1. Das Welterbezentrum der UNESCO wurde zehn Jahre lang hintergangen. Damit wurde schwer gegen die Richtlinien für das Welterbe verstoßen.

Am 25. Juli 1998 wurde bei der UNESCO in Paris durch das Land Berlin - vertreten durch das Landesamt für Denkmalschutz - ein Antrag auf Aufnahme der Museumsinsel in die Welterbeliste bei der UNESCO gestellt. Es wurden ausschließlich Unterlagen über den Bestand eingereicht. Am 2.12.1999 wurde die Museumsinsel von der UNESCO in Paris in die Welterbeliste aufgenommen. Grundlage der Aufnahme war der Aufnahmeantrag von 1998 ohne Unterlagen von Neubauplänen oder Masterplan.

Am 4. Juni 1999 verabschiedete der Stiftungsrat der Stiftung Preußischer Kulturbesitz den Masterplan. Dieser Masterplan ist bis heute Grundlage aller Planungen und Bauausführungen auf der Museumsinsel. Obwohl die Regeln für Weltkulturerbestätten das Einreichen von Neu-und Umbauplanungen vorschreiben, wurde der Masterplan absichtlich nicht eingereicht, um

 

Schwierigkeiten durch Einsprüche der Welterbe-Organisation zu vermeiden. Aus demselben Grund war schon der Welterbe-Antrag selbst eineinhalb Jahre von der Stiftung zurückgehalten worden. Man wollte an der erforderlichen Zustimmung der Welterbe-Verwaltung - sozusagen ohne Baugenehmigung - vorbeiplanen und -bauen. Denn bei den vielfältigen und umfang­reichen Maßnahmen des Masterplanes waren von Anfang an starke Eingriffe in die originale Substanz und massive Beeinträchtigungen des historischen Gebäude-Ensembles vorgesehen. Das aber entspricht nicht den UNESCO-Richtlinien und Einsprüche waren zu erwarten.

2. Die Öffentlichkeit wurde von den offiziellen Stellen über die Einbindung der UNESCO falsch informiert.

Auf dem zweiten Berliner Denkmalsalon am 14. September 2003 stellte der Architekt David Chipperfield seinen Entwurf für das Neue Museum und den Masterplan vor. In der anschließenden Diskussion teilte er- auf Nachfrage mit, dass der UNESCO in Paris die Planunterlagen vorgelegt seien und dass die UNESCO von seinen Entwürfen begeistert sei.

Am 03. September 2005 schreibt Herr Prof. Dr. Adrian von Buttlar, Vorsitzender des Landesdenkmalrates - ein vom Berliner Senat berufener Bürgerrat - dem Vorstand der Gesellschaft Historisches Berlin e.V., dass und so wörtlich: „...auch im Welterbe-Antrag (1998) das heutige Konzept der abstrahierenden Ergänzung bereits Programm war".

Nachdem das Informationsfreiheitsgesetz rechtskräftig geworden war, stellte Herr Dipl.-Ing. Gerhard Hoya bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, beim Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, beim Berliner Landesamt für Denkmalpflege und bei der Berliner „Obersten Denkmalbehörde" Auskunftsanträge über die Frage: Wann wurde nach dem offiziellen Aufnahmeantrag im Jahr 1998 der Masterplan oder andere Planungsunterlagen über Neu- und Umbaumaßnahmen bei der UNESCO in Paris eingereicht. Im Mai 2007 erhielt Herr Hoya vom Leiter der „Obersten Denkmalbehörde", Herrn Kühn die Auskunft, dass der Masterplan im November 1999 nachgereicht worden sei. Der Bitte von Herrn Hoya, das Begleitschreiben der Vorlage in Paris vorzulegen, konnte er jedoch nicht nachkommen. Sein Kommentar war, das Schreiben könne nicht mehr gefunden werden. Weitere Recherchen der Gesellschaft Historisches Berlin e.V. haben ergeben, dass der Masterplan und konkrete Bauunterlagen bis heute nicht nachgereicht wurden. Lediglich am 20. Juni 2007 wurden die Neubauplanungen für das Eingangsgebäude in Paris eingereicht.

Am 7. November 2008 teilte Frau Dr. Mechthild Rössler dem Berater der GHB, Herrn Stephan Dömpke, schriftlich mit, dass dem World Heritage Center in Paris kein Masterplan von 1999 und auch keine anderen Planunterlagen außer den zuvor erwähnten vorliegen. Ebenso liegen ICOMOS (International) keine Planunterlagen vor. Wörtlich heißt es: As I have already informed you, the World Heritage Centre does not hold a copy of the Master Plan of 1999, rieither in printed nor electronic version; nor does ICOMOS International according to its Documentation Centre.

Bis heute teilt die Stiftung Preußischer Kulturbesitz in ihrem Internetauftritt mit: „...hat er Stiftungsrat 1999 einen Masterplan beschlossen, der auch Teil der Bewerbung um das Prädikat „Weltkulturerbestätte" war. Anlässlich einer Anhörung im Bauausschuss des Abgeordnetenhauses am 2. Juli 2008 behauptete Frau Senatorin Junge-Reyer und Frau Senatsbaudirektorin Lüscher, dass der Senatsverwaltung ein Bericht von ICOMOS (international) über die eingereichten Unterlagen vorläge. Frau Junge-Reyer und Frau Lüscher sagten den Abgeordneten im Bauausschuss zu, die Unterlagen zu suchen und zur Verfügung zu stellen. Bis heute konnten die Unterlagen nicht gefunden werden. Schriftliche Nachfragen von Bürgen hei Frau Junge-Reyer blieben bisher unbeantwortet.

Aus den zuvor geschilderten Abläufen ergibt sich, dass die Öffentlichkeit von den Verantwortlichen Behörden vorsätzlich falsch informiert wurde. Das gesamte Planungs- und Baugeschehen auf der Museumsinsel findet von Anfang an ohne Zustimmung der UNESCO in Paris statt.

3. Die GHB fordert daher,

3.1 der UNESCO sämtliche Planungs- und Bauunterlagen für die Museumsinsel seit 1999 zur Begutachtung vorzulegen;

3.2 alle Planungs- und Baumaßnahmen auf der Museumsinsel sofort zu stoppen, bis die UNESCO über sie entschieden hat;

3.3 die sofortige Beendigung des Planungsauftrages an den Architekten D. Chipperfield;

3.4 die Eintragung der Museumsinsel in die „Rote Liste" der bedrohten Welterbestätten wie Dresden; Antrag wird gestellt;

3.5 die Erstellung einer neuen Denkmal-Konzeption für das Neue Museum: Original statt Ruine und Ensemble-Schutz für die gesamte Museumsinsel;

3.6 die Entwicklung einer neuen Gestaltungs-Konzeption in Abstimmung mit der UNESCO und Bürgervertretern gemäß Petition;

3.7 die Entwicklung einer umfassenden Verkehrsplanung für die gesamte Museumsinsel und die dieses Welterbe umgebende Pufferzone;

3.8 die umgehende Veröffentlichung der Pläne von SPKB und SenStadtUm für die Museumsinsel.

Die Gesellschaft Historisches Berlin hat in über zehnjährigem Widerstand gegen das vielfach absurde Geschehen auf der Museumsinsel viele Kräfte und Mittel verschlissen, ohne der Vernunft nennenswert Raum schaffen zu können.

Es zeigt sich nun, dass hier eine komplottartige Struktur auf hoher Ebene für ideologisch-geschmäcklerische Zielsetzungen seit langem Fakten gefälscht und Bürger und Fachwelt systematisch getäuscht hat.

Es ist eine facettenreiche Skandalgeschichte unglaublichen Ausmaßes an gänzlich unvermuteter, eigentlich unwahrscheinlicher Stelle.

Berlin, den 24.11.2008

Dr. Bernd Wendland, Vorsitzender

Gerhard Hoya, Vorstandsmitglied