Leserbriefe
„Die Berliner Stadtplanung wird zum Albtraum“
Berliner Morgenpost vom 15.06.2021
Zum Artikel „Eine bauliche Misshandlung“ vom 11. Juni
Die Errichtung des Humboldt Forums ist bekannterweise der politischen Linken nach wie vor ein Dorn im Auge. Da es mehrheitsbedingt politisch nicht zu verhindern war, versucht man nun auf unerträgliche Weise mit allen Mitteln, Funktion und Optik herabzumindern oder in seiner Funktion zu beeinträchtigen. Selbst das „Einheitsdenkmal“, das doch an die wiedererlangte deutsche Einheit erinnern soll und nun nach vielem Gezerre errichtet wird, hindert den Senat nicht daran, durch ein geplantes Flussbad einen solchen Erinnerungsort und durch das Humboldt Forum aufgewerteten Kulturstandort mit dieser absolut überflüssigen Einrichtung eines deplatzierten Flussbads zu entwerten. Abgesehen von der technischen und hygienischen Durchführbarkeit sollte allen Entscheidungsträgern klar sein, was die Einrichtung eines Flussbads in dieser historischen Mitte anrichtet.
Heinrich Lemke, Britz
10 000 Bürger durften schon mitreden
Leserbrief zum Artikel "Die zwei von der Baustelle" vom 28.05.2021
Der Aussage „10 000 Bürger durften schon mitreden“ bei der Gestaltung der Freifläche zwischen Fernsehturm und Spree ist zu widersprechen.
Die Aussage des Abteilungsleiters in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Manfred Kühne, „die Politik habe in einem partizipativen Prozess entschieden", ist falsch. 2015 startete der Senat nicht eines der größten, sondern eines seiner undemokratischten Bürgerbeteiligungsformate in der Stadtplanung Europas. Auf der ersten Veranstaltung nahmen ca. 400 Bürger und auf einer zweiten ca. 120 Anwohnern und 50 Einwohner aus den Bezirken teil.
ZU dieser zweiten Veranstaltung wurde zu einer Diskussion eingeladen. Die Durchführung einer Abstimmung wurde im Einladungstext nicht erwähnt. Nach einer ersten Diskussionsrunde wurde plötzlich von der vom Senat berufenen Moderation zu einer Abstimmung aufgerufen. Mehrheitlich mit den meisten Stimmen aus dem Anwohnerblock unter Anführung von Carola Blum (Fraktionsvorsitzende der Partei DIE LINKE) sind dann die sogenannten Bürgerleitlinien beschlossen worden. „Die Berliner“ redeten also nicht mit!“
Herr Kühne und seine Vorgesetzte , Frau Lüscher setzen lediglich die damals eingeleitete Stadtentwicklungspolitik im Auftrag der Partei „DIE LINKE“ fort und verstecken sich immer wieder hinter der Aussage „Die Berliner“* hätten die Leitlinien beschlossen“.
*Senatsvertreter versuchen, mit diesem Ausspruch „Die Berliner“ den Eindruck zu erwecken, eine repräsentative Mehrheit der Berliner hätten die 10 Leitlinien beschlossen.
Viele Grüße
G. Hoya
Sinnlose Geldausgaben für ein nicht realisierbares Projekt
Leserbrief zum Artikel „ Flussbad in Mitte: Kostspieliges Vergnügen“
Artikel in der Berliner Morgenpost vom 26.02.2021
Die Kostenerhöhung auf 200 Millionen Euro beim Flussbad in Mitte ist noch zu niedrig angesetzt. Hinzu kommen die Kosten für die Schadensregulierungen infolge Setzungsschäden an den benachbarten, denkmalgeschützten Gebäuden. Unerwähnt bleibt auch, dass Versuche mittels Pflanzenfilter Badewasserqualität herzustellen, erfolglos sind. Auch gibt es Berichte der Denkmalpflegebehörden, des Landesarchäologen und der Unesco, in denen das Projekt als nicht genehmigungsfähig abgelehnt wird. Zu nennen wäre noch die Steuergeldverschwendung. Der Verein erhält für die Betreuung der Projektidee mehr als eine Million Euro, also mehr, als die Planungskosten betragen würden. Warum spricht außer dem Steuerzahlerbund kein Politiker über diese sinnlosen Geldausgaben für ein nicht zu realisierendes Projekt?
Alte Platte, neue Liebe
Leserbrief zu "Neubewertung des ostdeutschen Städtebaus - Alte Platte, neue Liebe"
Artikel im Tagespiegel vom 04.10.2020
Sehr geehrte Redaktion,
leider läuft der Beitrag "Alte Platte, neue Liebe" von Nicola Kuhn Gefahr eine sicher sehr komplexe Debatte auf ein eher schlichtes Lob der "DDR-Moderne" (auch ein oft inflationär gebrauchter - aber unterkomplexer - Begriff!) zu reduzieren. Wer die von Radio Bremen produzierte Dokumentation "Unsere Städte nach´45 Abriss und Protest" gesehen hat kann über diese "Wiederentdeckung" nur den Kopf schütteln.
Viele moderne Nachkriegsplaner u.a. Rudolf Hillebrecht stammen direkt aus dem Wiederaufbaustab von NS-Minister Albert Speer, und wichtige Ahnherren der Moderne (Le Corbusier) haben intensiv mit dem Faschismus kollaboriert.
Die Demolierungswut - großflächige Abrisse historischer Bauten und ganzer Stadtteile - der 60er und 70er Jahre in West- und Ostdeutschland sind Tatsachen. Mitscherlichs Kritik an der Unwirtlichkeit der autogerechten Trabantenstädte beförderte den Bürgerprotest (West) gegen Größenwahn, ästhetische Zumutungen und Korruption ("Neue Heimat").
Verkehrssenatorin Günther über autofreie Kieze
Leserbrief zu Verkehrssenatorin Günther über autofreie Kieze „So wie es ist, kann es ganz sicher nicht bleiben“
Artikel im Tagesspiegel vom 24.08.2020
Wer geglaubt hatte, dass die Partei Die Grünen eine Politik für alle Berliner machen würden, hat sich kräftig geirrt. Die Verkehrssenatorin Günther glaubt, mit Insellösungen -z. B. mit einigen Kilometern Fahrradwegen- eine Verkehrswende herbeiführen zu können. Die einseitige Privilegierung der Fahrradwege führt nicht zu einem wirklichen Paradigmenwechsel sondern zu neuen Verkehrsproblemen und zur Diskriminierung eines großen Teils der Menschen in Berlin. Mehr als 1,4 Mio. Bürger unserer Stadt besitzen einen Pkw und sind auf diesen angewiesen, z. B.: ältere Menschen. Die Idee der fahrradgerechte Stadt hat genau so wenig Zukunft wie autogerechte Stadt. Die Aufstellung von unzähligen Pollern zum Schutz der Radfahrer - in Kopenhagen schützt eine zweite Bordsteinkante- führt nicht zu einer Steigerung der Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum.