Pressestimmen
Berlin ist viel älter als gedacht
Berliner Zeitung vom 14.06.2016 - von Maritta Tkalec
Berlin
Was eine gute Immobilie werden will, muss drei Voraussetzungen bieten: Erstens: Lage, zweitens: Lage, drittens: dito. Das galt vor tausend Jahren wie heute. Der Platz, wo Berlin seinen Aufstieg zur Stadt begann, hatte entwicklungsfähiges Potenzial. Erstens die Passage: Hier bildete die Spree vier Talsandinseln im Urstromtal, das sich an dieser einen Stelle auf vier Kilometer verengte und einen Übergang ermöglichte zwischen den Hochflächen Barnim im Norden und Teltow im Süden.
An beiden Seiten des Spreepasses gab es inmitten von Sumpfgelände praktischerweise trockene Flächen zum Siedeln. Zweitens das Warenkreuz: Zwei alte Handelswege zwischen dem Frankenreich im Westen und Russland im Osten sowie zwischen Skandinavien und Böhmen im Norden bzw. Süden kreuzten sich an der Stelle. Drittens die Abkürzung: Die Flussüberquerung reduzierte den Ost-West-Wegabschnitt zwischen den schon länger existierenden Festungsorten Spandau und Köpenick, der bis dahin über höheres Gelände gelaufen war.
Harte Zeiten für Anhänger moderner Architektur
Von Berlin bis Duisburg: In Deutschland wird rekonstruiert wie seit der Nachkriegszeit nicht mehr. Überall kehren historische Bauwerke ins Stadtbild zurück.
Die Welt vom 11.06.2014 - von Reiner Haubrich
Dieser Tage hat man den Eindruck, das Bauen hierzulande werde sich künftig nur noch um Wohnungen für Flüchtlinge drehen. Aber das will nicht einmal die Bundesbauministerin von der SPD: Bloß keine Migrantensiedlungen, sagt Barbara Hendricks zu Gettos und schüre den Neid all jener, die auch eine günstige Wohnung suchen. Insiderdebatten über die Gestaltung von Flüchtlingsheimen sind vermutlich nichts, wofür sich die große Mehrheit der Menschen begeistern kann.
Senatsbaudirektorin hofft auf 12 neue Hochhäuser in Berlin
Kaufleute, Stadtplaner und Architekten diskutieren über neues Wohnen in Berlin und die Bedeutung der dritten Dimension.
Berliner Morgenpost vom 06.06.2016 - von Jürgen Stüber
Wie viele Hochhäuser braucht Berlin? Diese Frage stand im Mittelpunkt einer Diskussion mit Senatsbaudirektorin Regula Lüscher und dem Landesvorsitzenden des Bundes Deutscher Kaufleute, Stadtplaner und Architekten diskutieren über neues Wohnen in Berlin und die Bedeutung der dritten Dimension.
Architekten (BDA), Andreas Becher, beim Verein Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI). Die Antwort der Staatssekretärin war erwartungsgemäß diplomatisch: "Ich hoffe, dass die geplanten zwölf Hochhäuser in fünf Jahren gebaut werden, und würde mir weitere zwölf wünschen." Hochhäuser seien für das Bild einer Metropole nach außen als Sinnbild der Wirtschaftskraft wichtig, sagte Lüscher. Sie seien auch städtebaulich interessant, weil sie Orientierungspunkte geben und Zentren bezeichnen – "besonders in einer Stadt ohne Topografie wie Berlin". Allerdings, schränkte die Senatsbaudirektorin ein, müsse die Hochhausnutzung "anders gedacht werden". Damit meinte sie eine Mischnutzung von bezahlbarem Wohnen und Gewerbe.
Gebt unseren Städten endlich wieder ein Gesicht!
Wie lange müssen wir uns noch hässliche Betonfassaden anschauen? Lübeck und Frankfurt setzen einen neuen Trend: Langsam begreifen Architekten wieder, wie wichtig die Schauseite eines Gebäudes ist.
Die Welt vom 14.05.2016 - von Rainer Haubrich
Wenn Architekten ihre eigenen Entwürfe beschreiben, so lehrt die Erfahrung, ist Vorsicht angebracht. Ein Baumeister sagt beispielsweise über die Fassade seines Gebäudes, sie nehme den Charakter der Straße "auf zeitgenössische Weise" auf, in ihrer "Materialität" bilde sie einen "spannungsreichen Kontrast" zu den angrenzenden Häusern, sie zeige zudem ein "feines Relief", und der Rhythmus der "Wandöffnungen" spiegele "konsequent" die Anordnung der Räume dahinter. Trotz dieser wohlklingenden Architektenprosa kann es passieren, dass wir nach der Fertigstellung des "Projektes" vor einer kahlen Sichtbetonfassade mit schmalen Fensterschlitzen stehen. Der interessierte Laie mag sich dann ernüchtert abwenden – das Bauwerk hätte dennoch alle Chancen, in der Fachpresse hoch gelobt und mit einem der inzwischen unzähligen Architekturpreise ausgezeichnet zu werden.
118 Meter Hässlichkeit
Neue Zürcher Zeitung vom 17.4.2016 - von E.Müller
Mitten in Zürich ist der Swissmill-Turm fertiggestellt. Der Kornsilo setzt einen neuen städtebaulichen Akzent in der Limmatstadt – als grauer, fensterloser Betonklotz. In Basel lacht man sich ins Fäustchen. Jetzt, wo der Kran abgebaut ist, lässt sich der Betonkubus in seiner ganzen Hässlichkeit erfassen. 118 Meter hoch ragt der schmale Swissmill-Turm am Zürcher Sihlquai in den Himmel, ohne ein einziges Fenster, abweisend mit seiner grauen, fast ungestalteten Fassade.
So empfängt das neue Wahrzeichen der Limmatstadt den Besucher, der von Westen kommt, mit dem Charme eines sowjetischen Kriegsdenkmals in den masurischen Sümpfen. Ein Kriegsdenkmal ist es aber nicht, sondern ein frisch betoniertes Museumsstück, das nach Meinung der Stadtregierung die Erinnerung an das Handwerk im ehemaligen Industriegebiet bewahrt, in einem Quartier notabene, wo sich längst urbanes Wohnen, schicke Bars und die Studios der Kreativwirtschaft breitgemacht haben.