Pressestimmen
Wiederaufbau war für mich Fälschung
Regula Lüscher bestimmt seit zehn Jahren mit, wie Berlin gebaut wird. Die Schweizerin erklärt, warum das schwieriger ist als in Zürich oder Hamburg.
Tagesanzeiger von 1. Februar 2017, Mit Regula Lüscher sprach Dominique Eigenmann
Siehe auch: Stellungnahme der GHB zum Interview mit Frau Lüscher
Sie haben früher Ärger und Erfolge mit roten Blitzen und Ausrufezeichen auf Ihren weißen Badezimmerkacheln festgehalten. Sind da jetzt, nach zehn Jahren im Amt als Senatsbaudirektorin, mehr Blitze oder mehr Ausrufezeichen?
Eindeutig mehr Ausrufezeichen. Weil ich mittlerweile gut vernetzt bin und die Themen kenne, erreiche ich mit gleich viel Energie einen höheren Output. Und mir wird viel mehr Vertrauen entgegengebracht als zu Beginn. Es geht lockerer von der Hand.
Man entspannt sich auch selbst.
Ja. Ich bin jetzt nach zehn Jahren wieder die gleich offene Person, die ich war, bevor ich hierherkam.
Wie schwer war der Anfang?
Hier herrscht eine ganz andere Kultur, ich musste mich erst einleben. Und dann musste ich langsam herausfinden, wie man sich so geben kann, wie man tatsächlich ist, ohne unangepasst oder unintegriert zu wirken. Es war mir schon bewusst, dass ich mich hier neu erfinden muss, um erfolgreich zu sein.
Unerhört!
Nie zuvor durften sich die Bürger von Staats wegen so sehr an Politik beteiligen wie heute. Doch viele Dialogformate sind nur Schein.
Süddeutsche Zeitung vom 7.1.2017 - von M. Bauchmüller
Der 26. Oktober 2016 war kein besonders aufregender Tag. Greuther Fürth schmiss Mainz aus dem DFB-Pokal. In Italien bebte wieder die Erde, aber nur leicht. Apple meldete sinkende Umsätze, das Kabinett erhöhte den Mindestlohn um 34 Cent. Ach ja, und dann beschloss die Bundesregierung auch noch dieses 241-Seiten-Papier: den Bericht "zur Lebensqualität in Deutschland". Kaum jemand nahm Notiz davon.
Der Kampf um den Wiederaufbau von Berlins Mitte
Die Gesellschaft Historisches Berlin kämpft seit 25 Jahren für den Wiederaufbau in Berlins Mitte.
Berliner Morgenpost vom 22.12.2016 von Isabell Jürgens
"Unser schönster Erfolg ist der Schinkelplatz. Und unsere größte Niederlage das Neue Museum." So fasst Gerhard Hoya, Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft Historisches Berlin e. V. (GHB), in knappen Worten die Arbeit des Bürgervereins zusammen, der seit 25 Jahren unermüdlich dafür kämpft, dass Berlins Mitte nach historischem Vorbild wieder entsteht. "Historisch" ist für den Verein dabei das Vorkriegsberlin, eine Stadt, deren Zentrum im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt wurde und mit den Planungen für die neue DDR-Staatsmitte bis auf einige wenige Symbolbauten endgültig unterging.
Neue Bausenatorin Katrin Lompscher lehnt Geld des Bundes für Wiederaufbau der Kolonnaden am Schloss ab
Die neue Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) geht auf Konfrontationskurs mit dem Bund über die Gestaltung der historischen Mitte. Die vom Bundestag bereitgestellten 18,5 Millionen Euro für den Wiederaufbau der historischen Kolonnaden am Kupfergraben zwischen Schloss und Bauakademie weist die Linke-Politikerin zurück. "Das Grundstück mit dem Denkmalsockel gehört dem Land Berlin", sagte Lompscher der Berliner Morgenpost: "Deshalb entscheiden auch wir, was wir damit machen."
Morgenpost vom 12.12.2016 - von Joachim Fahrun und Isabel Jürgens
Lompscher erklärte, sie sei dagegen, jetzt vorschnell die Säulen wieder aufzustellen, bevor es für den Bereich vor dem Humboldt Forum ein schlüssiges Gesamtkonzept gebe. "Und das nur, weil der Bund Geld gibt."
Die neue Senatorin hätte persönlich nichts dagegen, wenn dort nicht das Einheitsdenkmal gebaut werden sollte. Den historischen Denkmalsockel sollte man auf jeden Fall denkmalgerecht sanieren. "Was aber nicht heißt, dass wir das Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmal und die dazugehörigen Kolonnaden wieder errichten wollen", sagte Lompscher. Auch die ebenfalls vom Bund finanzierte Versetzung des Neptunbrunnens vom Platz vor dem Roten Rathaus auf den Schlossplatz lehnt die Senatorin ab.
Stoppt das Ding!
Es wäre ein Jahrhundertfehler: Eines der glorreichsten Bau-Ensembles in Berlin, das Kulturforum, soll von einem monströsen Museumsneubau endgültig ruiniert werden.
Zeit vom 02.12.2016 - von Hanno Rauterberg
Wenn das 20. Jahrhundert bestimmt war von einer drängenden Freude am Unabsehbaren, von der Lust am Wagnis und von utopischem Überschwang, dann werden die Reste dieses Jahrhunderts gerade begraben. Sie werden eingehaust, weggesperrt in einem extragroßen, extrabanalen Schuppen namens Museum.
Nun wird niemand behaupten, das Kulturforum in Berlin, um das es hier geht, sei irgendwie urban oder zukunftsgeladen. Im Gegenteil, kaum ein anderer Platz wirkt derart verloren: Eine Kultursteppe inmitten der Hauptstadt, bekrönt vom Tempel der Nationalgalerie und den kreiselnden Formen der Philharmonie, und doch an Ödnis nicht zu überbieten. Es fehlt nicht die große Architektur, es fehlt nicht an Kunst, und an Menschen mangelt es schon deshalb nicht, weil auch die Staatsbibliothek am Kulturforum liegt und täglich einige Tausend Besucher anzieht. Woran aber fehlt es dann?