Pressestimmen
„Zu jeder Stadt gehören auch Bausünden“
In ihrem Abschiedsinterview spricht Senatsbaudirektorin Regula Lüscher über Abrisswünsche, Hochhauspläne und Nachverdichtung
Berliner Morgenpost vom 28.07.2021 von Isabell Jürgens
Auf eigenen Wunsch lässt sich Berlins Senatsbaudirektorin Regula Lüscher Ende Juli in den einstweiligen Ruhestand versetzen. Warum die Schweizer Architektin und Stadtplanerin, die seit 2016 auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, nach mehr als 14 Jahren aufhören will und warum sie das Erdgeschoss des Berliner Schlosses für ein Verbrechen, ihre umstrittenen Hochhaus-Leitlinien dagegen für zukunftsweisend hält, verrät die 59-Jährige im Interview mit der Berliner Morgenpost.
Frau Lüscher, vor einem Monat haben Sie völlig überraschend Ihren Rückzug angekündigt. Warum so überstürzt, hätten Sie nicht wenigstens noch diese Legislaturperiode beenden können?
Regula Lüscher Der Schritt war lange mit meinem Senator und dem Regierenden Bürgermeister abgestimmt. Es ist ein sehr guter Zeitpunkt, um aufzuhören. Zum einen ist meine Arbeit hier in Berlin jetzt rund und abgeschlossen. Es gibt aber vor allem auch private Gründe: 14 Jahre Fernbeziehung sind genug.
185 Meter Barock
Die auf den Lustgarten ausgerichtete Nordseite des Humboldt Forums wird die am häufigsten fotografierte sein. Vieles muss hier noch gemacht werden. Und was ist mit dem Verkehr ?
Berliner Morgenpost vom 27.07.2021 von Isabell Jürgens
Als der Bundestag vor 19 Jahren die Teilrekonstruktion des Berliner Schlosses auf den Weg brachte, geschah dies vor allem mit dem Ziel, „die große städtebauliche Wunde im Herzen von Berlin zu heilen“, wie es Vittorio Lampugnani, Vorsitzender der Architekturjury für das Berliner Schloss , anlässlich des Wettbewerbs für den Wiederaufbau 2008 formulierte. Umso mehr lohnt es sich, nach der Eröffnung des teuersten Kulturgebäudes seit der Wiedervereinigung bald zwei Jahrzehnte später zu schauen, ob sich die Erwartungen erfüllt haben. Hat das Schloss tatsächlich die Wunden in Berlins unwirtlicher Mitte geheilt? Heute eine Erkundung und Annäherung von der Lustgarten-Seite (Norden). Die anderen drei Seiten folgen in den nächsten Tagen.
„Vergnügt bin ich, weil es jetzt endlich soweit ist“
von Boddien gründete vor fast 30 Jahren den Förderverein für den Wiederaufbau des Berliner Schlosses . Nun ist er am Ziel.
Berliner Morgenpost vom 26.07.2021 von Isabell Jürgens
Fast drei Jahrzehnte sind vergangen, seit der Unternehmer Wilhelm von Boddien den Förderverein für den Wiederaufbau des Berliner Schlosses gründete. Unermüdlich sammelte er Spenden für die Rekonstruktion der Fassaden ein und warb für den Bau. Was trieb ihn dabei an?
Herr von Boddien, ohne Sie würde es das rekonstruierte Berliner Schloss gar nicht geben. Wie fühlen Sie sich angesichts der Eröffnung?
Wilhelm von Boddien Aufgeregt bin ich seit 30 Jahren, seit wir angefangen haben. Das war ja eine Achterbahnfahrt! Vergnügt bin ich, weil es jetzt endlich soweit ist. Und hochzufrieden bin ich, weil es uns gelungen ist, so viele Spender für die Rekonstruktion der Fassaden zu finden, dass wir das Ziel erreicht haben. Wir haben die geforderten 105 Millionen Euro abgeliefert. Vorher hieß es immer: Das schafft ihr nie, am Ende wird der Steuerzahler darauf sitzen bleiben. So ist es nicht gekommen.
Ein Ort der Debatte
Das Humboldt Forum hat am Dienstag seine Pforten für alle Besucher geöffnet. Am Rande demonstrierten Gegner des Projekts. Tickets für Zeitfenster sind bis auf Weiteres ausgebucht
Berliner Morgenpost vom 21.07.2021 von Julian Würzer
Nach siebenjähriger Bauzeit und mehrfachen Verzögerungen haben die Türen des Humboldt Forums am Dienstag erstmals für Besucherinnen und Besucher geöffnet. Nun füllt sich das 682 Millionen Euro teure Zentrum für Kultur, Kunst und Wissenschaft hinter der umstrittenen rekonstruierten Schlossfassade mit Leben. Bei der Eröffnungsfeier sprach Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) von einer „Arena der demokratischen Streitkultur“, in der „die Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte bald eine zentrale Rolle spielen“ werde.
Dieses Haus hat seinen Leitstern verloren
Das Humboldt Forum eröffnet mit sechs Ausstellungen von unterschiedlichem Format. Den Geist der Brüder Humboldt aber sucht man in den meisten von ihnen vergebens.
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 21.07.2021 von Andreas Kilb
Inzwischen scheut man sich, das Wort "Vision" für das Humboldt Forum zu gebrauchen. Es passt nicht mehr zu dem Gebäude, das in den letzten acht Jahren auf dem Berliner Schlossplatz gegenüber der Museumsinsel entstanden ist. Dabei war das Wort in aller Munde, als vor zwanzig Jahren die Kommission Historische Mitte Berlin, ein Gremium internationaler Experten, ihre Arbeit aufnahm. Gesucht wurde eine schlüssige Antwort auf die Frage, wie der Platz nach dem Abriss des Palasts der Republik bebaut werden sollte. Die Kommission empfahl ein Gebäude in der Kubatur, also den Formen des Berliner Hohenzollernschlosses, dessen Inhalt aus dem Geist der Brüder Humboldt entwickelt werden sollte: mit Museen, Bildungseinrichtungen, Veranstaltungsräumen. Der Bundestag stimmte zu, ein Budget wurde bewilligt, ein Gestaltungswettbewerb ausgelobt, ein Siegerentwurf gekrönt. Das alles dauerte weniger als ein Jahrzehnt.