Pressestimmen
Historische Mitte Berlins Im Klosterviertel wird wieder gebuddelt
Die Stadtreparatur an Molkenmarkt und Klosterviertel hat begonnen. Es ist das größte Berliner Grabungsprojekt seit dem Mauerfall.
Tagesspiegel vom 2.7.2018 - Von Thomas Loy
Unter den Gehwegplatten, Bauminseln und Asphaltflächen lauert die Geschichte. Die Stadtarchäologen stehen schon in den Startlöchern, es wird ihr größtes Grabungsprojekt seit der Wende. 25.000 Quadratmeter Untersuchungsfläche, größer als am Schlossareal und am Petriplatz, eine riesige Herausforderung. Was sie finden werden? Vielleicht Reste des Hauses zur Rippe am Molkenmarkt, erstmals erwähnt 1504.
Wie die DDR-Führung ein Kloster für eine Straße plattmachte
Sozialistische Moderne
Berliner Zeitung vom 02.07.2018 - von Maritta Adam-Tkalec
Kein Zweifel, es wehte der Geist des Vergangenen im Berlinischen Gymnasium zum Grauen Kloster. So sehr sich FDJ und SED mühten – sie kamen nicht an gegen das bürgerliche Gedankengut in den Schülerhirnen, gegen christliche Einstellungen, bürgerlich-humanistische Bildungstradition inklusive alter Sprachen.
400 Jahre hatte die Schule in den Gemäuern des Franziskanerklosters bestanden, war das erste und älteste Berliner Gymnasium. Nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg war sie schließlich in die Niederwallstraße gezogen – doch brachte die Distanz zum Gemäuer keinen Traditionsbruch. 1958 entzog man der Institution den alten Namen und nannte sie schlicht 2. Oberschule Mitte. Auch das half nichts.
Die Geschichte von Modernisierung und Vernichtung
Chronik mutwilliger Selbstentleibung
Berliner Zeitung vom 25.06.2018 - von Maritta Adam-Tkalec
Modernisieren durch zerstören – diesem Verfahren wurde die alte Berliner Mitte mehr als 150 Jahre lang unterzogen. Die Methode steht exemplarisch für das 20. Jahrhundert. Was diktatorische Regimes ein ums andere Mal der Stadt antaten, das setzten demokratisch gesinnte Volksvertreter fort. Was nicht in die neuen Zeiten passte, musste weichen. Berlin exekutierte in extremen Formen, was auch in anderen Metropolen wie London, Paris oder Wien im Schwange war. Da die Stadt im 19. Jahrhundert mit der Modernisierung spät dran war, ging sie das Zerstörungswerk umso energischer und geschichtsvergessener an.
Frankfurt: Altstadt für alle!
Frankfurt debattiert über rekonstruierte Bürgerhäuser, völkische Unterwanderung und die Zukunft der Schönheit.
Die Zeit vom 17. Mai 2018 - Von Hanno Rauterberg
Eine Stadt im Eröffnungsrausch: Schon im Februar ging es los, dann fielen vergangene Woche die letzten Bauzäune, und im September soll es das dritte, das größte Fest geben (für 1,5 Millionen Euro!), um die einzigartige, die wunderbar neue und irgendwie auch alte Altstadt einzuweihen. Bis dahin sollen 200 Bewohner eingezogen, 20 Läden und Lokale eingerichtet sein.
Der erhoffte Feierfrieden lässt jedoch auf sich warten. Noch immer gibt es Streit: Darf man das eigentlich, ein Bauwerk aus den siebziger Jahren schleifen, um an dessen Stelle die im Krieg zerstörten Bürgerhäuser neu zu errichten? Ist das Stadtreparatur? Oder schlimmer Selbstbetrug?
Friedrichswerdersche Kirche : Die neuen Nachbarn des Kronjuwels
Die Luxuswohnungen rücken der Kirche auf die Pelle
Frankfurter Allgemeine vom 17.03.2018 - von Regina Mönch
Das sind die Folgen des Berliner Größenwahns: Die Sanierung der Friedrichswerderschen Kirche geht nur langsam voran. Einige Schäden bleiben und der Lichtzauber ist gebrochen.
Der Erzengel Michael über dem Hauptportal der Friedrichswerderschen Kirche ist endlich wieder zu sehen. Wie ein Warner vor weiterem Frevel, der seine Kirche so schwer beschädigt hat, schwebt er über den Kassettentüren mit ihren gusseisernen Engelstondi, die man nun wieder ausgiebig bewundern kann. Nur wenige Meter unter seinen Füßen, an den steinernen Stufen zur immer noch verzogenen linken Kirchentür, beginnt unübersehbar der große Riss, der die gesamte Kirche durchzieht, bis hin zu den Altarstufen aus Marmor und hoch unters Kirchendach.
Jahrelang waren der Engel und das schöne Tor hinter einem klobigen Baucontainer verborgen, der zur Baustelle Kronprinzessinnengärten gehörte, wo Wohnhäuser der Luxusklasse entstanden. Als dort die Grube für eine Tiefgarage ausgehoben wurde, mit viel Bums und ohne einen Gedanken zu verschwenden an den schütteren Berliner Untergrund, hatte es die kostbare Kirche fast zerrissen (F.A.Z. vom 26. Oktober 2015).