Pressestimmen
Berlin: Die zwei von der Baustelle
Das Denkmal von Karl Marx und Friedrich Engels in Berlin wurde 2010 wegen der U-Bahn versetzt.
In der Mitte der Hauptstadt rund um die Statuen von Marx und Engels klafft eine riesige Baulücke, zehn Fußballfelder groß. In einem aufwendigen Wettbewerb will der Senat nun herausfinden, was Berlin damit anfangen soll. Und 10 000 Bürger durften schon mitreden.
Süddeutsche Zeitung vom 28. Mai 2021 - von Jan Heidtmann
Wer noch Hoffnungen in die Idee des Kommunismus setzt, dem sei ein Besuch beim Marx-Engels-Denkmal in Berlin empfohlen. Karl-Liebknecht-Straße, direkt an der Spree, Berliner Dom, Ecke Humboldt-Forum. Ziemlich verdrossen schauen die beiden Vordenker drein, Marx sitzt, Engels steht, bestellt und nicht abgeholt, wie man so schön sagt. Zwei Jungs kommen vorbei, Baggy-Jeans und T-Shirt. Sie sind aus dem Berliner Randbezirk Spandau und stromern heute mal durch die Innenstadt. Sie bleiben vor der Statue stehen, schauen sich an und kichern ein bisschen. "Wer sind die denn?", fragt der größere von den beiden.
So viel zur Kraft der kommunistischen Idee an diesem sonnigen Samstagmittag im Mai 2021.
Berlins fast vergessene Mitte
Ein Großteil des mittelalterlichen Berlins lag unter einer achtspurigen Autostraße. Eine Großgrabung eröffnet nun neue Einblicke in das einstige Handelsstädtchen an der Spree.
Spektrum vom 25.05.2021 - von Hakan Baykal
Berlin, so schrieb der Kunstkritiker Karl Scheffler in seiner 1910 erschienenen Streitschrift »Berlin – ein Stadtschicksal«, sei eine »seelenlose« Kolonialstadt. Gegründet von Kaufleuten, um den slawisch besiedelten Osten zu erschließen, ein Außenposten in Reichsrandlage, für den hochmittelalterlichen Fernhandel aus dem Boden gestampft. Das »aus einer wendischen Fischersiedlung zur mächtigen Millionenstadt und Reichshauptstadt emporgewachsene Berlin«, stellt er abschließend fest, sei durch sein Schicksal verdammt, »immerfort zu werden und niemals zu sein«.
Am Molkenmarkt kann Berlin Liebe zur Stadt beweisen
Die Feinplanung beginnt, es wird gefährlich. Es drohen lange Riegel, monotone Fassaden. Peter Dobrick von Stadtbild e.V. hat Vorschläge, wie es besser geht.
Berliner-Zeitung 25.05.2021 - Das Gespräch führte Maritta Tkalec.
Eine lebendige Mischung von Wohnen, Kultur, Kaufen, abwechslungsreiche Fassaden: Die Oranienburger Straße ist ein Beispiel für eine lebendige europäische Stadt.
Berlin -Mitte Kann Berlin ein schönes, innerstädtisches Viertel bauen ? Am Molkenmarkt besteht jetzt die Chance, die Tradition der europäischen Stadt modern zu interpretieren. Der 2020 gegründete Berliner Ortsverband des bundesweit tätigen Vereins Stadtbild Deutschland e.V. will monotone Fassaden verhindern, Erinnerungsbauten als Highlights platzieren, hofft auf die Umsetzung der Ergebnisse der Bürgerbeteiligung und formuliert Forderungen an die Berliner Verantwortlichen. Dr. Peter Dobrick, Arzt in Berlin , engagiert sich als Leiter des Ortsverbands für eine gute Baukultur in der Stadt.
Warum die Friedrichstraße als Innenstadtmeile das Fürchten lehrt
Das Experiment Friedrichstraße ist gescheitert.
Wenn man durchs Zentrum läuft, glaubt man in einer Geisterstadt zu sein. Was ist passiert? Ein Stimmungsbericht.
Berliner-Zeitung 23.05.2021 von Stephane F. Scholz
Dystopische Szenen dominieren die Friedrichstraße seit Monaten. Wie tief kann der Möchtegern-Boulevard eigentlich noch sinken?
Berlin Der Wind fegte durch die leere Friedrichstraße und wirbelte zwei zerknautschte Pappbecher umher. Immerhin, hier mussten mal Menschen gewesen sein. Dunkel lag der Boulevard vor mir, als ich ihn auf Höhe Gendarmenmarkt betrat. „This town is coming like a ghost town“ von den Specials ertönte gerade jetzt über meine Kopfhörer. Ich erschauerte, machte die Musik aus und lief zügig Richtung Mitte.
Meine Schritte hallten ein wenig zu laut auf dem feuchten Asphalt. Kein Motorengeräusch, kein Auto weit und breit. Wie auch, dieser Abschnitt zwischen Leipziger Straße und Unter den Linden war vor ein paar Monaten, Ende August, zu einer Kombination aus Fußgängerzone und Fahrradstraße erklärt worden. Ein Modellprojekt, das shoppende Flaneure anlocken und den gefühlt zwei Cafés eine Straßenbestuhlung erlauben sollte. Das hatte nicht funktioniert, schon vor der Pandemie nicht und während ihr noch weniger.
Berlins Ufer sollen frei bleiben
Senat will die Bebauung verbieten und den öffentlichen Zugang garantieren. Alte Industrieflächen werden renaturiert
Berliner Morgenpost vom 21.05.2021 von Jens Anker
Berlin Die rot-rot-grüne Landesregierung will Berlins Ufer vor der Privatisierung und Bebauung schützen. Künftig sollen überall zehn Meter breite Uferstreifen erhalten und öffentlich zugänglich bleiben. „Freie Ufer sind eine Erholungsfläche und ein wesentliches Merkmal einer lebenswerten Stadt“, sagt einer der Urheber der Senatspläne, Daniel Buchholz (SPD). „Es gibt keinen politisch plausiblen Grund, Berliner Ufer zu privatisieren.“
Alte Industrieflächen, wie sie noch in Spandau und Treptow-Köpenick bestehen, sollen zudem renaturiert werden. „Mit dem Wachstum der Stadt, den vielen Neuversiegelungen von Flächen und insbesondere der starken Verdichtung im Bereich der Innenstadt-Spree sind die Ufer von Spandau bis Köpenick freizuhalten, ob als Wegebeziehung, Frischluftschneisen, Frei- oder Erholungsräume“, heißt es in dem Antrag, der am Donnerstag im Abgeordnetenhaus eingebracht wurde.