Pressestimmen
Streit ums Humboldt Forum in Berlin
Monopol-Magazin / dpa vom 02.08.2017
Die Brüder Humboldt lehrten schon Anfang des 19. Jahrhunderts Neugier auf die Welt. Das Berliner Schloss soll einmal ihren Geist atmen. Aber vorerst gibt es Streit.
Die gute Nachricht: Der fast 600 Millionen Euro teure Wiederaufbau des Berliner Schlosses liegt immer noch im Zeit- und Kostenrahmen, wie die Verantwortlichen regelmäßig versichern. Die schlechte: Je näher der Eröffnungstermin im Jahr 2019 rückt, desto mehr gibt es Fragen zu den Inhalten, die in Deutschlands ambitioniertestem Kulturtempel einmal gezeigt werden sollen.
Ein Alarmzeichen setzte kürzlich die französische Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy, als sie ihren Austritt aus dem internationalen Beratergremium erklärte. Sie verglich das Projekt mit Tschernobyl: Das Ganze sei "unter einer Bleidecke begraben wie Atommüll", sagte sie der "Süddeutschen Zeitung".
Baupläne - Senatsmanager kümmern sich um die Historische Mitte
Berliner Zeitung vom 14.06.2017 - Von Uwe Aulich
Die eine Frage ist: Wie viele Hochhäuser dürfen am Alexanderplatz errichtet werden? Die anderen: Wie werden die Grünflächen rings um den Fernsehturm aufgewertet? Und dürfen dort Häuser gebaut werden? Bisher hat der Senat diese Fragen unabhängig voneinander diskutiert, obwohl die Gebiete nur durch den Bahnhof Alexanderplatz getrennt sind. Penibel wurde bei Wettbewerben darauf geachtet, dass die unsichtbare Mauer nicht eingerissen wird und angrenzende Viertel ausgeblendet werden. Das will Senatsbaudirektorin Regula Lüscher jetzt ändern.
„Wir werden ein Regionalmanagement einführen, das für die Entwicklung dieser Räume zuständig ist“, sagt Lüscher bei der Eröffnung einer Ausstellung zur historischen Mitte. Es sei wichtig für Berlin, dass diese Stadtgebiete gemeinsam betrachtet werden. Dabei sollen auch andere Planungen wie die Neugestaltung des Molkenmarktes hinter dem Roten Rathaus aber auch die Eröffnung des Humboldt-Forums und die Projekte am Petriplatz mitbedacht werden.
Zehn Thesen zu einer neuen Bauakademie
Der Bund spendiert 62 MillionenEuro für den Wiederaufbau von Schinkels Spätwerk in Berlin. Es droht ein weiteres Debakel.
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20.03.2017 - Von Oliver Elser, Florian Heilmeyer und Ulrich Müller & dpa
Denkmal von Schinkel: Die Diskussion um die Bauakademie ist in vollem Gange. Der Geldsegen prasselte im vergangenen November aus heiterem Himmel auf die Stadt Berlin herunter. Plötzlich lagen 62 Millionen Euro für den Wiederaufbau der Bauakademie auf dem Tisch. Das Spätwerk von Karl Friedrich Schinkel, errichtet 1836, nach dem Krieg erst repariert und dann 1962 für das DDR-Außenministerium doch abgerissen, befand sich direkt vis-à-vis dem Stadtschloss. Dessen zwitterhafter Wiederaufbau als Humboldtforum nähert sich derzeit wuchtig seinem Ende. Jetzt rücken die offenen Gestaltungsfragen der Schlossumgebung in den Blick. Dazu zählt die bislang eher in Fachkreisen diskutierte Bauakademie, deren einstiger Standort seit Jahren von einem Gerüst mit bedruckter Bauplane und einer originalgetreu gemauerten Gebäudeecke markiert wird. Der Platzhalter ist dasWerk des rührigen Vereins „Internationale Bauakademie“, der Schinkels Werk in Privatinitiative rekonstruieren wollte, dafür aber nicht genügend Unterstützung gefunden hat. Jetzt übernimmt das Bundesbauministerium die Führung, und alles muss ganz schnell gehen. Es droht dasselbe Schicksal wie beim Schloss: Noch bevor geklärt ist, was im Innern stattfindet, wird ein Wettbewerb vorbereitet. In einem hektisch angesetzten „Beteiligungsverfahren“ soll auf drei öffentlichen Sitzungen innerhalb von nur drei Monaten ein Konzept aus dem Boden gestampft werden (F.A.Z. vom 15. März).
Soll Schinkel am Wettbewerb teilnehmen?
Berliner Bauakademie - Sechzig Millionen Euro stellt der Bund für die Berliner Bauakademie bereit, ohne dass ein tragfähiges Konzept erkennbar wäre. Umso heftiger tobt der Streit, den nun ein Architekturwettbewerb schlichten soll.
FAZ vom 15.03.2017 - Von Ulf Meyer
Siehe auch: Leserbrief von Gerhard Hoya
Der Bund baut sich eine Hauptstadt. Steuergeld ist im Überfluss da, also stellt die Bundesrepublik ihre arme Kapitale gern vor vollendete Tatsachen und finanziert den Wiederaufbau ihres historischen Zentrums. „K.-u-K.“ werden sie genannt, die beiden selbstbewussten Budget-Politiker Johannes Kahrs (SPD) und Rüdiger Kruse (CDU), die derzeit munter Steuermillionen im Dutzend über das historische Berliner Stadtzentrum gießen und über die Berliner Köpfe hinweg die Bebauung forcieren. Beide Volksvertreter, Mitglieder im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages und dort zuständig für den Etat der Kulturstaatsministerin, stammen aus Hamburg. Nach dem Flussbad, dem Einheitsdenkmal und dem Neptunbrunnen wird nun das Projekt der Schinkelschen Bauakademie mit dem bundesrepublikanischen Geldsegen überschüttet.
Wippe wird Waage
Vage Zukunft für die Waage: Der Kulturausschuss im Bundestag berät, wie es mit dem Einheitsdenkmal weitergehen könnte. Sollte er die anderen Entwürfe bedenken?
FAZ vom 25.01.2017 - von Andreas Kilb
Wie lange dauert es, bis man eine Fehlplanung als das erkennt, was sie ist: eine Verschwendung von Zeit und Nerven? Wir reden hier nicht vom Flughafen BER, der besser und billiger vor sechs Jahren im Rohzustand abgerissen worden wäre, als in seiner jetzigen Ruinenflickform fertiggestellt zu werden, sondern vom Freiheits- und Einheitsdenkmal, der zweiten großen städtebaulichen Lachnummer Berlins.