Warum es neue Architektur in Berlin so schwer hat

Interview mit Regula Lüscher
Ob Staatsoper oder Kulturforum - Berlins Senatsbaudirektorin Regula Lüscher steht oft in der Kritik. Im Tagesspiegel-Interview spricht sie über die Brachen und Baustellen der Stadt.
Tagesspiegel vom 11.07.2014 - Von Christiane Peitz und Nicola Kuhn

Frau Lüscher, als Mitgestalterin einer der aufregendsten Städte Europas haben Sie einen Traumjob. Fragt sich nur, wie Sie bei all den Baustellen vom Alex über die Historische Mitte bis zum Kulturforum und der Europa-City am Hauptbahnhof den Überblick behalten?

Berlin besteht aus den unterschiedlichsten Orten, die nicht alle gleich behandelt werden müssen. Das hilft bei der Orientierung. Ich mache mir Skizzen, markiere die Unterschiedlichkeiten. Die Europa-City zum Beispiel ist ein internationaler Ort; es gibt die Kulturorte wie die Museumsinsel und das Humboldt-Forum, aber auch das Kulturforum – den Ost-West-Kompass habe ich immer im Kopf.

Dann gibt es das Thema Brachen, in Tempelhof oder Tegel. Und bei der riesigen Wohnungsbauwelle sowie der Frage, wie bei der erforderlichen Masse Qualität und Innovation nicht zu kurz kommen, denke ich auch über den S-Bahn-Ring hinaus.

Was Berlins Stadtplaner von Frankfurt lernen können

In Frankfurts historischer Mitte entsteht ein Stadtquartier auf alten Grundrissen. Das klingt nach Enge. Doch gerade von diesem Beispiel könnte Berlins Stadtmitte profitieren. Die wird nämlich leergefegt.
Frankfurter Allgemeine vom 04.07. 2014 von Architekt Marc Jordi

Das Wiederaufbauprojekt zwischen Dom und Römer in Frankfurt ist ohne Vorbild.
Inwiefern dient es selbst als Vorbild für den Wiederaufbau der mittelalterlichen Stadt in Berlin? Diese Frage stellt sich spätestens demjenigen, der selbst in beide Projekte eingebunden ist.
Das Frankfurter Vorhaben, zwischen Dom und Römer auf dem historischen Stadtgrundriss mit Neubauten und den Rekonstruktionen bedeutender Häuser ein Stück Altstadt und damit verlorene Identität zurückzugewinnen, ist einmalig.

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Wohnen mit Blick auf das Schloss

Neue Nobelappartements am Schinkelplatz
Luxus pur: Am historischen Schinkelplatz in Mitte werden die teuersten Eigentumswohnungen Berlins errichtet. Von dort kann man direkt auf das künftige Schloss sehen oder neben Schinkels Kirche wohnen. Die Häuser selbst werden modern aussehen. Aus gutem Grund.

Berliner Zeitung vom 24.06.2014 - Von Uwe Aulich

Als sportlicher Bauunternehmer muss man beim Joggen auch mal verschnaufen. Uwe Schmitz, der Vorstand der Frankonia Eurobau AG, hat das vor zehn Jahren getan und stand dabei neben der Friedrichswerderschen Kirche in Mitte. „Damals habe ich gedacht: Ist das schön hier. Seitdem habe ich das Ziel, hier zu bauen."

Über das Schloss auf der gegenüberliegenden Spreeseite wurde damals noch diskutiert, den Platz mit dem Denkmal des preußischen Baumeisters Karl Friedrich Schinkel gab es nicht, und die Bauakademie war wie heute nur eine Illusion aus roten Planen.

Ja, wö stöckeln sie denn?

Bikinihaus in Berlin
Mit viel Wirbel hat in Berlin das Bikinihaus wiedereröffnet. In den Fünfzigern ein „Schaufenster des Westens", steht es nun für den Wiederaufstieg des „Zentrums am Zoo" - und für die Gefahr neuer Fehlplanung.
Frankfurter Allgemeine vom 08.04.2014 - von Dieter Bartetzko

Und dann zog sie den Bikini, den sie nirgends tragen kann, ganz alleine zu Hause in der Badewanne an!" Mit dieser parodierend gequakten Schlusszeile beseufzte 1960 Caterina Valente in ihrem Hit „Itsy Bitsy Teenie Weenie Honolulu-Strand-Bikini" die kleinbürgerliche Prüderie der Adenauer-Republik. Eine mit Komik weichgespülte Ironie, die im selben Atemzug guthieß, was sie aufspießte. Dem gleichen Prinzip folgte der angeblich notorisch respektlose Berliner Mutterwitz, der drei Jahre zuvor den Bauriegel des neuen „Zentrums am Zoo" zum „Bikinihaus" ernannte.

Der Berliner Neubau des BND

Fassaden wie die Miene eines Geheimagenten
Entnommen aus FAZ vom 1. April 2014 (bat.).

Ihren Tiefststand erreichte die Architektur der Moderne, als sie in den siebziger Jahren fensterlose Riesenbetonwürfel in die Städte wuchtete. Warenhaus- oder Behördencontainer, Kliniken oder Büros - meist unterschieden nur Aufschriften eins vom anderen. Doch dass all diese Titanen letztlich Bunker waren, konnten auch die Riesenlettern nicht leugnen. Zuweilen verhüllte man die nackte Erbärmlichkeit, inspiriert von Egon Eiermanns inzwischen legendären .Hortenkacheln", mit Metallschleiern aus tausend- fach replizierten Ornamenten. Nach vierzig Jahren, nach der Bildarchitektur der Postmoderne, den Replikaten der Retrowelle Und den Zitaten der Zweiten Moderne kehrt nun der kaschierte Bunker zurück - mitten in Berlins Mitte, mit dem Einverständnis oder betretenen Schweigen der hiesigen Architektenschaft und monströser denn je.