Pressestimmen
Wie die Grünen die Schneise lieben lernten
Der Wettbewerb für die Mühlendammbrücke in Berlin ist entschieden. Der Neubau ist so breit wie der Vorgänger, um des verkehrspolitischen Friedens willen - ein städtebauliches Desaster.
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23.08.2021 von Hans Stimmann
Die Brückengeschichte Berlins beginnt mit einem Damm, der 1285 zum Betrieb einer Mühle zwischen den östlich der Spree gelegenen Siedlungen und Cölln gebaut wurde. Der Mühlendamm bot den Bewohnern der beiden Städte die Möglichkeit, die Spree trockenen Fußes zu überqueren, und regulierte über Jahrhunderte durch Stauanlagen, Schleusen und Mühlengerinne den Wasserstand der Spree. Erst nach 1889 erfolgte der Umbau des Damms zu einem regelrechten Brückensystem aus drei Brücken. An die lange Geschichte erinnert heute nur noch der Name Mühlendammbrücke. Er bezeichnet eine 1968 zu DDR-Zeiten fertiggestellte achtspurige Autobrücke, eine moderne Spannbetonkonstruktion.
Berlin genehmigt sich immer weniger Bau
Alarmierende Halbjahreszahlen: Investitionsklima und Verwaltungsdefizite treiben Stadtflucht an
Der Tagesspiegel vom 14.08.2021 von Reinhart Bünger
Die Zahl der Baugenehmigungen ist in Berlin im ersten Halbjahr gesunken, in Brandenburg dagegen gestiegen. So sollen in der Hauptstadt 9148 Wohnungen entstehen, was rund 29 Prozent weniger genehmigten Bauvorhaben als im Vorjahreszeitraum entspricht. Dies teilte das Amt für Statistik am Dienstag mit – der Tagesspiegel berichtete. In Brandenburg sollen 7260 neue Wohnungen entstehen. Das entspricht rund 19 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2020. Was ist nur in der Hauptstadt los, die seit Jahren einen Wohnungsmangel beklagt (einige sprechen sogar von einer Wohnungsnot, als seien die aktuellen Zeiten mit dem Mai 1945 zu vergleichen)? Fällt der Regierungsantritt von Rot-Rot-Grün gar nicht zufällig mit einer Rückgang der Fallzahlen zusammen? Oder gibt es nicht von Ideologie getriebene Gründe, die in Berlin weiterhin eine Unterversorgung mit bezahlbarem Wohnraum in den kommenden Jahren befürchten lassen? Oder sagen die Zahlen gar nichts aus? Nach dem Motto: Wenn denn keine Bauanträge gestellt werden, kann auch nichts genehmigt werden? Das Bild ist komplex, fast ein Rätsel. Es lässt sich aber auflösen:
Senat verwirft Pläne zum Umbau des Spittelmarkts
TAGESSPIEGEL vom 04.08.2021
Die Neue Gertraudenbrücke und die Spittelmarktbrücke in Mitte werden entgegen früheren Planungen nicht versetzt, sondern an ihrer bisherigen Stelle beim Ersatzneubau bleiben. Das hat der Senat am Dienstag auf Vorlage von Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) entschieden. Damit macht der Senat den Weg frei für die Verlängerung der Straßenbahn vom Alexanderplatz zum Kulturforum und neue Rad- und Fußwege. Daneben soll die denkmalgeschützte Alte Gertraudenbrücke von 1895 als reine Fußgängerbrücke am historischen Standort saniert werden. Beide Brücken haben massive Mängel, die Verkehrslast musste eingeschränkt werden. Ende 2024 oder Anfang 2025 soll der Neubau starten und etwa 50 Millionen Euro kosten.
So soll die neue Mühlendammbrücke aussehen
Der Siegerentwurf für die neue Mühlendammbrücke ist gekürt. Künftig soll es eine besser Anbindung der Ufer und Sitzgelegenheiten auf der Brücke geben.
tagesspiegel.de vom 28.07.2021 von Christian Latz
Der Siegerentwurf für die künftige Mühlendammbrücke in Mitte steht fest. Am Mittwochabend stimmte das Preisgericht Mehrheit für den Vorschlag der gemeinsamen Bewerbung des Berliner Ingenieurbüros Arup Deutschland GmbH und der Architekten von COBE A/S aus Kopenhagen. Der Entwurf biete laut Jury eine „außerordentlich hohe gestalterische und konstruktive Qualität“, teilte die zuständige Senatsverkehrsverwaltung am Abend mit.
Die Jury, bestehend unter anderem aus dem Vorsitzenden Manfred Kühne, Abteilungsleiter Städtebau in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, Verkehrsstaatssekretär Ingmar Streese (Grüne), Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD), Lutz Adam, Leiter der Abteilung Tiefbau in der Verkehrsverwaltung sowie mehreren Architekten, Ingenieur:innen und Stadtplaner:innen hatte zuvor unter zehn Vorschlägen internationaler Büros einen Gewinner zu küren.
Der siegreiche Entwurf besticht demnach durch eine leicht konkave Form der gesamten Brücke, die sich dadurch zur Mitte hin verjüngt. Die Uferseiten wiederum würden attraktiv angebunden. Sie sieht das Modell an der südwestlichen Brückenseite einen Treppenabgang zum Uferpark auf der Fischerinsel vor. Diagonal gegenüber gelegen wird über einen flachen Schwung die Uferpromenade des Nikolaiviertels angebunden. Zum Rolandufer vor der Alten Münze hingegen fehlt ein direkter Zuweg. Daneben zeichnet sich der Entwurf durch langgezogene Sitzflächen entlang der Gehwege auf beiden Seiten der Brücke aus. Sie sollen Fußgänger:innen zum Verweilen über der Spree einladen.
Ein Garten aus Stein
Die südliche Seite des Humboldt Forums kommt noch ganz ohne Pflanzen aus. Wer sie besucht, wird sich schnell eine Frage stellen: Sollte der Neptunbrunnen hierhin zurückkehren?
Berliner Morgenpost vom 29.07.2021 von Isabell Jürgens
Steine, Steine und noch einmal Steine, so weit das Auge reicht: Auf der Südseite des Schlosses erwartet die Besucher, die es durch die neu geschaffene Passage durchqueren, eine riesige gepflasterte Fläche, die nur durch zwei – ebenfalls aus Stein gefertigte – lange Sitzbank gegliedert wird. Nicht nur Klimaaktivisten und Naturschützern zeigten sich ob der Totalversiegelung auf der Südseite des Humboldt Forums entsetzt.
Doch die Wettbewerbsjury lobte 2013 den Entwurf von BBZ Landschaftsarchitekten: Der „urbane harte Vorplatz im Süden, zeitgenössisch durch Bankmonolithe strukturiert“, wie es heißt, gefiel in seiner Kargheit offenbar. Er setzte sich gegen deutlich grünere Vorschläge von unterlegenen Büros durch. In der Stadtgesellschaft stieß diese Begründung dagegen auf Unverständnis: Eine Steinwüste sei schon aus stadtökologischen Gesichtspunkten angesichts zunehmender Hitzesommer alles andere als zeitgemäß, argumentierte etwa der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Berlin . Gerade an Sommertagen heize sich der Platz tagsüber extrem auf und gebe nachts entsprechend Wärme ab.