Pressestimmen
Sollten Straßenbahn-Linien durch enge Wohnstraßen führen?
Diepgen & Momper
BZ vom 17. April 2021
Eberhard Diepgen: Nein, nur in Ausnahmefällen
Der Berliner öffentliche Personennahverkehr mit S- und U-Bahnen, der Straßenbahn und den Bussen soll sich gegenseitig ergänzen und dabei die Stadtstruktur, den Charakter der verschiedenen Kieze und der Wohnbereiche beachten. Weite Strecken können mit S- und U-Bahn zurückgelegt werden. Wenn der Fußweg von der Haltestelle zu weit ist, soll es ein ergänzendes Angebot durch Bus oder Straßenbahn geben.
Bemerkenswert für das Verkehrsangebot ist dabei, dass die Entfernungen zwischen den Haltestellen bei Bahnen und Bussen sehr unterschiedlich geplant sind. Bei der S-Bahn sind sie am längsten, bei den Bussen (Ausnahme sind die Schnellbusse) am kürzesten und bieten daher von der Verkehrsplanung den kürzesten Weg von Haltestelle zur Wohnung. Hier hat der Bus also seine Aufgabe.
Für den Weg in einen dicht besiedelten Wohnbereich erscheinen mir die immer größer und länger werdenden Straßenbahnen außerdem immer weniger geeignet. Straßenbahnen gehören auf eine breite Straße, möglichst mit Mittelstreifen. Solche Straßen durchziehen die ganze Stadt, dort ist ein vernünftiges Neben- und Miteinander aller Verkehrsteilnehmer möglich. Straßenbahn, insbesondere im Ostteil, und Bus – so nach Kladow – haben zum Teil auch die Verbindung zu Außenbereichen der Stadt übernommen.
Die Baulücke
Der Mietendeckel ist passé. Wo bleiben die neuen Häuser, die deutsche Städte brauchen?
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 18.04.2021 von Patrick Bernau
Berlin ist überall. Zum Beispiel in Konstanz am Bodensee, im beschaulichen Stadtteil Allmannsdorf, 5341 Einwohner. Dort will die Stadtverwaltung ein neues Baugebiet ausweisen, zur Hälfte sollen dort Sozialwohnungen entstehen - doch das Vorhaben wird von der dörflichen Bürgervereinigung ausgebremst. In Frankfurt soll das Gelände einer ehemaligen Gärtnerei bebaut werden. Seit fünf Jahren schon ist der Betrieb geschlossen, doch die Kommunalpolitiker im Stadtteil leisten so viel Widerstand, dass immer noch keine endgültige Planung steht. In Berlin ist die Bebauung des ehemaligen Flughafens Tempelhof schon vor Jahren komplett gescheitert. Dort haben die Berliner nun eine zusätzliche Grünfläche von der Größe des Central Parks gewonnen, das Vierfache des Münchener Olympiaparks - doch neue Wohnungen fehlen der Stadt immer noch.
Berliner Schätze in Gefahr: Erst die Straßenlampen, jetzt der Gasometer
Berliner Denkmalschützer protestieren weiter für den Bestand des Gasometers in Schöneberg. Sie finden: Dieses herausragende Technik-Monument muss bleiben.
Berliner-Zeitung vom 16.04.2021 von Nikolaus Bernau
Berlin Stadtgas prägte ab dem mittleren 19. Jahrhundert die moderne Vorstellung, dass Städte der Nacht widerstehen können. Doch unter dem Druck der effizienteren Elektrizität begann sein Rückzug schon in den 1920ern, auch in Berlin sind die meisten, oft überaus monumentalen Gaswerke längst verschwunden. Jetzt ist auch der legendäre, fast 80 Meter hohe Gasometer in Schöneberg akut bedroht. Jedenfalls nach Ansicht von vielen Anwohnern. Technikhistoriker, Denkmalpfleger und Stadthistoriker sind ebenfalls dieser Meinung.
Der Gasometer ist der letzte zumindest in der Außengestalt noch erhaltene Teleskop-Gasspeicher Berlins und einer der wenigen, die in Europa noch stehen. Zwar wurden die inneren Segmente, die sich einst je nach gespeicherter Gasmenge anhoben, in den 90er-Jahren demontiert und stattdessen ein vergleichsweise niedriger Veranstaltungssaal unter einer Kuppel eingebaut; er wurde kürzlich ebenfalls abgerissen. Die gewaltige, weithin sichtbare Gerüstkonstruktion aber, die einst einen der größten Gasspeicher Europas stützte, steht noch.
Neue Konzepte für die Innenstädte
Schon länger ist der Klimaschutz eine Herausforderung für Städte. Jetzt kommen die Auswirkungen der Pandemie hinzu. Besonders in den Innenstädten ist die Lage angespannt.
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 16.04.2021 von Andreas Schiller
Mit den Einschränkungen durch Schließungen treten nicht nur aktuelle Schwierigkeiten auf, sondern auch schon länger bestehende Probleme zutage: Die Innenstädte bieten nicht mehr das, was sich viele von ihnen versprechen. Die Menschen wünschen sich attraktive Angebote - sei es im Handel, in der Gastronomie, aus der Kultur und anderes mehr. Wenn das fehlt, geht es woandershin - zumeist ins Internet. Genau diese Einnahmen brauchen aber Händler und Gastronomen, Dienstleister und Hoteliers, um in den Immobilien Umsätze zu erwirtschaften. Denn Mietzahlungen erwarten die Gebäudeeigentümer, die als institutionelle Investoren mitunter Renditeversprechen an ihre Anleger einlösen müssen. Viele Themen, Beteiligte und manchmal konträre Interessen treffen aufeinander.
Aus für Mietendeckel: Grenzen zeigen
Der Tagesspiegel vom 16.04.2021 von Ralf Schönball
Wenn ein Fußballspiel 8:0 ausgeht, nennt man das eine Klatsche. Wenn acht Richter des Bundesverfassungsgerichts ohne Gegenstimme ein Gesetz wie das zum Berliner Mietendeckel für „nichtig“ erklären, weil es gegen die Verfassung verstößt, ist das ein Desaster für den Gesetzgeber und ein Tiefschlag für die rot-rot-grüne Koalition.
Wer immer schon Zweifel hatte, unkt nun, der Senat habe den Verstoß gegen die Verfassung wissentlich in Kauf genommen. Andererseits steht das eindeutige Votum aus Karlsruhe durchaus im Gegensatz zu den unterschiedlichen juristischen Expertisen, die es für Berlin gab. Und doch: Ein ehemaliger Präsident des Verfassungsgerichts hatte das Gesetz für verfassungswidrig erklärt, und auch ein Gutachter, den die Senatskanzlei selbst beauftragt hatte. Beide hatten gewarnt: Der Mietendeckel geht so nicht.