Wenn die Museumsinsel ins Wasser fällt

Das Flussbad und das Welterbe: Warum wir an der Kunst nicht einfach vorbeikraulen können
Der Tagesspiegel vom 11.07.21015 - Von Hermann Parzinger

„Nichts wird uns aufhalten. Alles ist möglich. Berlin ist frei.“Diese Sätze, die der amerikanische Präsident Bill Clinton einst am Brandenburger Tor auf Deutsch sprach und die auf ei­ne neue Rolle des vereinten Deutschlands in der Welt ge­münzt wa­ren, wer­den gern für regionales Marketing in An­spruch ge­nom­men. Es lässt sich da­mit so schön das neue Ber­lin be­schrei­ben, wo jeder tun und lassen kann, was er will, so­lan­ge es ihm nicht an möglichen und unmöglichen Ideen für ein Pro­jekt mangelt. Anything goes.

Berlin aalt sich

Frankfurter Allgemeine vom 11. Juli 2015 von Andreas Kilb

Das Weltall enthält, wie wir aus dem Logbuch des Raumschiffs „Enterprise“ wissen, unendliche Weiten. Aber auch jeder Wassertropfen ist eine Welt für sich. Und die Weltstadt Berlin möchte reichlich von beidem haben, Weite und Wasser, Raum- und Lustgewinn, achtspurige Verkehrsachsen und plätscherndes Nass.

Deshalb hat sie dem „Verein Flussbad Berlin“ aus ihrem Stadtentwicklungsetat 1,4 Millionen Euro gegeben, damit er hilft, das Nasse ins Eckige zu bringen, indem er sein Projekt einer Badeanstalt in der Berliner Mitte, dort, wo Humboldtforum und Staatsoper einander von Baugerüst zu Baugerüst gute Nacht sagen, einer nichtsahnenden Öffentlichkeit vorstellt.

Die Wunschliste des Schlossherrn

Förderverein möchte historische Skulpturen, Neptunbrunnen und Terrasse am Humboldt-Forum
Berliner Morgenpost vom 29.05.2015, Von Sabine Gundlach

Wilhelm von Boddien ist "überzeugter Optimist", wie er sagte. Der Mist sei immer derselbe, scherzte der Geschäftsführer des Fördervereins Berliner Schloss e.V. – und betonte: "Es kommt auf die Vorsilbe an, bei mir ist das eben ,Opti'". Berlins Schlossherr Boddien eröffnete am Donnerstag eine kleine Ausstellung in der Humboldt-Box. Sie präsentiert den Gegenentwurf für die von Boddien als "Steinwüste" kritisierte bisherige Planung des unmittelbaren Umfelds des Berliner Schlosses.

Satteldächer sind kein Sündenfall

Frankfurter Altstadt - Frankfurts Stadthaus bildet den Schlusspunkt bei der Neubebauung des Altstadtareals. Der Entwurf liefert den Architekturkritikern reichlich Diskussionsstoff.
Frankfurter Allgmeine Zeitung vom 12.05.2015 - von Dieter Bartetzko

"Das ist das Haus vom Nikolaus." Ob Kinder noch diesen Vers sprechen? Und dazu die begleitenden Striche zeichnen, die am Ende des Reims ein Quadrathaus mit Satteldach ergeben? Architekten jedenfalls kennen diese Form als Umriss der sogenannten Urhütte, des mutmaßlichen Prototyps allen Bauens, der durch Architekturtheorien geistert, seit es sie gibt.

Baustellenbesuch mit Franco Stella

Ich bin ein Berliner! Baustellenbesuch mit Franco Stella
www.humboldt-forum.de, berliner-schloss.de
Deutsche Bauzeitschrift 5/2015 - von Be. Kraft

Alle – oder schreiben wir mal fast alle – sind sich einig: Das Schloss in Berlin wird. Und zwar im Kostenrahmen, im Zeitrahmen und im Rahmen eines Konsensus, der als demokratisch legitimiert apostrophiert ist. Bis heute gibt es – trotz aller inhaltlicher Planungen – keine Intendanz für das Haus, das inhaltlich ein Humboldt-Forum darstellen soll, also eine Art Kulturmaschine für Große und Kleine, für Zugereiste und Durchreisende, für Gebildete und solche, die das gerne werden wollen. Und so gibt es auch niemanden, der mehr als nur laut aufschreit, wenn die schöne Planung, die inhaltliche, einfach mal so eben über den Haufen geworfen wird. Das machte das Land Berlin, mit Grundstücksschenkung am Projekt auch irgendwie als stimmberechtigter Eigentümer beteiligt, und erhielt schöne Negativschlagzeilen. Berlin wollte die eigentlich für die Berliner Landes- und Zentralbibliothek vorgehaltene 4 000 m²-Fläche nicht mehr für eine „Welt der Sprachen“ sondern für eine Art Stadtmuseum für die Stadt Berlin nutzen. Ob das aber wird, davon ist wohl nur die Stadt überzeugt.